4. September 2016 16:10
160 km vor St. Petersburg – auf drei Rädern durch das Baltikum - viel Spaß
Wieder einmal hat uns die Sehnsucht gepackt, die Lust, andere Länder zu besuchen, zu bereisen, zu campen und Menschen mit ihrer eigenen Kultur zu bewundern. Diesmal ging es ab 13. Aug. 2016 in den Osten Europas, in die uns unbekannten baltischen Staaten, in die für uns ungewohnten Weiten landwirtschaftlicher Gebiete, natürliche Wälder in riesiger Ausdehnung und in tolle Städte, deren Existenz wir bisher wohl eher rein zufällig wahrgenommen aber ganz ehrlich, eher bestritten hätten.
Natürlich haben wir die Ostsee besucht, darin gebadet und mit den Wellen gespielt. Selbstredend ging es bis an das politische Nord- Ost- Ende der EU, ungewollt rasteten wir in einer der schönsten Städte all unserer bisherigen Ziele und ebenso ungewollt mussten wir die so genannte Qualität „Made in Germany“ gegen handelsübliche Allerweltsware tauschen. Aber lest selbst, geniest die Bilder und lasst euch verführen zu einer vielleicht eigenen Tour in die größtenteils deutschbegründeten Landstriche der heute freien Republiken Estland, Lettland und Litauen.
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Wer oder was sind die Balten?
Nun, die Bürger der baltischen Länder sind Abkömmlinge vielerlei Nationen. Es mischen sich Nordlichter mit russischen Genen und ganz klar mitteleuropäischen Wurzeln, wobei wir als Germanen deutlich bemüht waren, diese Landstriche zu beleben, zu nutzen und zu gestalten. Estland, ganz im Norden gelegen, hat mit seinen rund 1,3 Mill Einwohnern ganz klare Verbindungen zu Finnland. Estland ist das modernste Land der Balten und uns Deutschen teils zehn Jahre voraus. Lettland, in der Mitte gelegen zwischen den Esten und den Litauern zeigt sich auf gutem mitteleuropäischem Niveau und hat knapp 2 Mill Bürger. Litauen zeigte sich uns als gut entwickeltes 3Mill- Land mit einem gewissen Nachholebedarf in Baukultur und Wohnqualität. Dafür hat Litauen sehr viel Landwirtschaft und gute Böden. Die beiden nördlicheren Staaten haben nur Sand und Kiefern. Davon aber genug.
Dies sind allerdings alles persönliche Eindrücke, die sich mit anderen Zielen und Erlebnissen sicher übertünchen lassen. Aber die Basis erlebt jeder Reisende, es beginnt mit der Qualität der Straßen und endet mit den besonderen Eindrücken mancher Toiletten und Gasthäuser. Ebenso konnten wir unsere Erfahrungen bei diversen Stadtbesichtigungen sammeln und ganz ehrlich, die Esten punkteten am besten.
Nun aber los!
Anfang 2016 begannen die Planungen für diese Tour. Welcher Termin, welche Anreise, welche Grobziele, welche Ausstattung, weitere Teilnehmer, welche finanziellen Möglichkeiten und und und…
Mit persönlichen Informationen anderer Baltikumreisender sah es schon mal recht eng aus, es wurde gegoogelt, telefoniert, Kartenmaterial beschafft und es wurden Kontakte geknüpft. So fand ich im WEB unter diversen MC´s einen der größeren Art in der Nähe Riga´s und fragte zwecks Übernachtungstipps online an. Ich gewann das Pokerspiel und durfte mit unseren Begleitern kostenlos im Rigaer Clubhaus wohnen.
Dazu mussten wir uns entscheiden, wie wir dahin gelangen könnten und so entschieden wir uns für eine Direktfähre von Lübeck nach Ventspils. Als wir die letzten sechs Kabinenplätze reserviert hatten, ging es noch einmal an die Straßenkarten und es wurden verschiedenste Wege durchexerziert…und es kam ganz anders.
Im Juli erhielten wir die erste Absage eines unserer Teilnehmer aus privaten Gründen – da waren wir statt geplanter sechs noch fünf Teilnehmer. Auf der vorzeitigen Anreise zur Fähre zerschellte am 11.8. eine relativ neue 1200er GS an einem Baum, wobei unser Teilnehmer mit vertretbaren Verletzungen davon kam…da waren es nur noch vier!
Am 13. August 2016 starteten wir 7.00 Uhr zu dritt, nicht wundern, von Plauen Richtung Lübeck. Bis 16.00 Uhr mussten wir an der Fähre sein, um überhaupt an Bord zu dürfen, wobei das Kontrollpersonal uns staubetroffene Nachzügler netterweise auch noch etwas später an Bord lies. Unser Vierter im Bunde war unser unbekannter Teilnehmer, der Schwager des BMW- Knallers. Er wartete bereits seit Stunden an der Fähre, direkt an der Zufahrt und hatte von Templin aus eine kürzere Anreise.
So waren wir vier Übriggebliebenen knapp an Bord und gegen 18.00 Uhr tuckerte der Blechkasten inkl unserem Hondagespann, einer 1300 XJ und einer 650er Bandit gen Osten.
Erst wenn man auf der Ostsee Schiff fährt, merkt man, dass es ein richtiges Meer ist und man draußen keinerlei Land sieht. Das Wetter war beherrschbar, die Wellen so einen Meter hoch und wir konnten problemlos futtern. Problemlos? – Moment!
Eine Kleinigkeit hätte ich fast übersehen: Es gibt immer nur ein 3 – Meter- Buffet mit maximal zwei richtigen Speisen. Alle Fahrgäste haben sich in Reihe anzustellen und bekommen dann ihren Teller gefüllt. Prinzipiell war das Essen ok, reichlich und warm aber die Baltenfähre kann sich nicht mit der Oslofähre vergleichen, das sind andere Welten. Dafür ist es preiswert 24 h an Bord zu leben. Die Doppelkabine mit Dusche und WC kostet inkl. Motorradgespann knapp 160,00 €, das Essen pro Person immer 7,00 €, Getränke gehen extra. Wenn man die 1000km- Strecke in das Verhältnis zum Preis setzt, ist es ein echtes Schnäppchen.
Man darf aber auch wissen, dass viele Mitreisende sich die Kabine sparen und einfach auf Decken am Boden schlafen oder in der Kinoecke mit rund 200 anderen Schnarchern.
Am 14. Aug sind wir gegen 18.00 Uhr MESZ in Ventspils angekommen und waren sofort von der bunten Hafenwelt positiv beeindruckt. Wer glaubt, im Baltikum ist alles schwarzgrau sollte sofort losfahren und umdenken. Wir stellten nun unsere Uhren eine Stunde vor, dem Breitengrad entsprechend und tuckerten von Bord. Nach zwanzig Metern durften wir die Regenpelle das erste Mal überwerfen, es wurde in den nächsten Tagen noch öfters geübt.
Da es nun schon nach 19.00 Uhr war, donnerten wir zunächst an die Ostseeküste und beehrten die Staatsstraße P124 mit unserer Gesellschaft. Nach etwa 20 km fanden wir einen Wegweiser zu einem Campingplatz und wurden dreimal überrascht. Erstens durch die dortige Art, Ausfahrten von Hauptstraßen nur noch etwa zehn Meter zu asphaltieren und dann durch die miese Qualität des Sandweges, der bei Regen den begleitenden Solos richtig Spaß machte. Nach rund einem km fanden wir dann einen Campingplatz Note 1.
http://www.campingjeni.lv/?lang=de Mitten im Dreck, mitten im regenfeuchten Wald stehen da top Hütten, ein Versorgungsbau mit allem Schnick und gepflasterte Wege ringsum.
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(Übrigens, ihr könnt die Bilder großklicken)
Zur Küste sind es fünf Minuten zu Fuß durch sandigen Kiefernwald, wie auf Rügen.
Wegen des Regens haben wir uns eine Hütte gemietet mit Bad und zwei Doppelzimmern für lässige 60,00 €. Unter dem passenden Vordach gab es das erste Abendmahl aus dem Reisekoffer und paar Bier waren auch im Notpaket.
Am nächsten Tag fuhren wir bis Riga. Aus den üblichen Gründen hatten wir keine Adresse des MC- Clubhauses und mussten uns erst einmal durchtelefonieren. Als die Gastgeber feststellten, dass wir doch tatsächlich angereist sind, bekamen wir die nötigen GPS- Daten, alles hübsch. Nur die Anfahrt gestaltete sich auf den letzten Metern im regennassen Sandboden arg schwer. Die Räder versanken fast bis zu den Achsen.
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Das Objekt des MC ist sicher, Mauer, Kameras, Stahltore, der ganze Plüsch der Hardcoreszene. Der Präsi, ehemaliger Olympiasilberling, zeigte sich den Gepflogenheiten entsprechend gastfreundlich und ließ uns in das Heiligtum ein. Somit hatten wir in den nächsten zwei Tagen eine kostenfreie und trockene Bleibe in den Party- Räumen des Clubs, im bunkerähnlichen Keller. Hier sind Schlafräume, Dusche, Feierzone und ein Billardtisch Marke Eigenbau.
An beiden Abenden unterhielten wir uns mit dem Präsi. in einer Mischung aus deutsch und englisch und wurden mit Wodka bedient. Wir hatten Bier dabei und alles passte.
Unser Gastgeschenk, eine Rinderhaut am querhängenden Knochen mit unserem Clublogo usw. wurde gerne angenommen und wir erhielten drei Buddeln MC- Schnaps, eigene Abfüllung, drei verschiedene Sorten – prost.
Am langen freien Tag in Riga gönnten wir uns eine Bus- Rundfahrt, auch mit deutschem Sprechtext, dazu paar Blicke in das Stadtzentrum und einige Besuche der hiesigen Gastronomie. Riga ist wie Berlin, total überlaufen, stressig und modern gezeichnet. Die Altstadt ist ein gut erhaltenes Viertel für Bauingenieure und Geschichtler.
Mit hoffenden Blicken zum Himmel starteten wir am Mittwoch über die E67 gen Norden und strandeten wegen des Dauerregens in Pärnu.
Pärnu ist toll, eine moderne Touristenburg mit teils altertümlichen Flair. Holzhäuschen an Holzhäuschen, dazwischen schöne Parkanlagen, alles pikobello gepflegt und sauber. Mittendrin ein Pullerhäusl, PVC weiß, blitzeblank, frisch gewischt und hell beleuchtet. Keinerlei Mief, so mut dat. Ein ordentlicher Strand, erschlossen, bemöbelt und pikfein sauber.
Wir buchten an einem Zeltplatz
http://www.konse.ee zwei Doppelzimmer im Servicegebäude und wurden auch hier nicht enttäuscht. Nur dieser Regen……so war das nicht geplant.
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Am nächsten Tag fuhren wir per Fähre in 45 Min auf die Insel Kynuh, die „Insel der Gespanne“.
http://www.kultuuriruum.ee/UserFiles/fi ... sstieg.pdfLeider sind die Zeiten der angeblich hundert Dreiräder vorbei, aus Umweltgründen abgeschaltet. Schon seltsam, da hat man eine touristische Marktchance aber man verpasst sie durch Gesetze und Gebote.
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Die Natur auf der Insel zeigt sich standartisiert, mit Sandböden, Kiefern, paar Wohngrundstücken und einem kleinen Inselmuseum. Die Einwohner fahren jetzt Auto…und die Touristen gehen enttäuscht wieder an Bord. Lustig war das Kennenlernen eines Fahrradpärchens, die uns als Plauener ansprachen. Sie kamen auch aus unserer Stadt, per Jet und fuhren mit Mietwagen und Fahrrad durch die Gegend.
Der Regen hatte an diesem Tag ein Einsehen und drohte nur mit dicken Wolken. Die Sonne schaffte es aber auch uns zu wärmen. So fuhren wir weiter auf der E101 und der E134 gen Norden und fanden abends einen kleinen privaten Zeltplatz am Rande von Hapsalu.
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Flugs Zelt auf, Herd an und prost, alles gut. Am nächsten Morgen donnerten wir mit unseren drei Bikes Richtung Tallinn, unserem ursprünglichen Endpunkt. Das Sommerwetter gab alles, um uns den Regen vergessen zu lassen.
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Tallinn zeigte sich als eine super erhaltene Hafenstadt mit einem sehr schönen Stadtzentrum, netten Kneipen und einer gut erhaltenen Burg. Tallinn ist absolut empfehlenswert, auch per Flieger von Berlin aus.
Bereits in Tallinn war absehbar, dass mein Hinterreifen am Gespann zu schnell Gummi verlor. Der extra in einem deutschen Fachbetrieb vulkanisierte Gespannhinterreifen war dann in Narva nach rund 2200 km Gesamtleistung profillos abgefahren und Schrott. Aber finde mal da oben im Norden einen passenden 17er Reifen. Dazu später mehr.
Von Tallinn fuhren wir nach kurzer Besprechung noch einen lange Ritt über die E20 Richtung Narva, dem nordöstlichsten Punkt der EU. Zwischenstop kurz vor Purtse auf dem schönen Campingplatz „Mereoja Camping“.
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Toll, echt toll an der Steilküste gelegen, zwei Ebenen für Caravans und Zelte, ordentliche Sanitäranlagen, Getränke und Lebensmittel. Ein nagelneuer Holzweg runter ans Meer und ein ewig flach verlaufender Meeresboden, Blick bis zu den finnischen Inseln, einfach schön. Hier könnte man auch länger Urlaub gestalten, wenn da nicht die Sehnsucht wäre, weiter zu fahren.
So starteten wir am Samstag nach Narva, um wenigstens einen Blick nach Russland werfen zu können. Narva ist eine nette Kleinstadt mit einer mächtigen Festung. Das Gegenstück steht bei den Russen, genauso ein Klotz, Zeugnisse früher Gewalten. Von hier könnten wir in gut 2 h in St. Petersburg sein. Könnten…wäre nicht das Visum pro Kopf von 100,00 € fällig. Das war uns grundsätzlich zu teuer. Trotzdem schade, St. Petersburg ist schon eine Hausnummer als Reiseziel!
Der zwischen den Festungen sprudelnde Grenzfluss „Narva“ zeigte sich von einer ganz besonderen Seite. Güllebraun, stinkig und schaumig, eine echte Kloake. Aber was soll es, Angler gibt es auch da, puh.
Nach wenigen Stunden in Narva starteten wir auf einer unvergleichlich runden Straße gen Heimat. Immer auf der S32 entlang erreichten wir erst ein kleines Dorf Namens Jaama mit einer schnuckligen Kirche und anschließend bei einem Minikonsum einen Zugang zum Peipusee. Da ich müde war, blieb ich am Kiosk mit ner Coke und schickte meine Bande zum Fototermin an den See. Sie wurden mit Gülle und toten Fischen begrüßt, whow. Alles ein Ergebnis jahrelanger russischer Industrieabfallentsorgung in den so schön gelegenen See.
Wie auch immer, wir sind wieder los und weiter gen Süden am See entlang bis zum nächsten Zeltplatz. Der war eher russisch primitiv, mit Holzdusche simpleren Toiletten. Die vier Euro Zeltgebühr machten es auch nicht besser. Die Zeltwiese am See dagegen mit fünf weiteren deutschen Bikern bot dafür einigen Grund zur Freude. Mittlerweile waren wir auch 100 km südlicher und die Fische durften leben. Ich war sogar mal mit den Füßen drin aber der vorherige Eindruck hallte noch nach. Der Peipusee ist so groß, dass man die Gegenseite nicht sieht, ein mächtiges halbtotes Gewässer.
Mit meinem Reifen war nun gar nix mehr los und wenn es regnen sollte, wäre ich der erste Kandidat für einen gepflegten Abflug, also mussten wir reagieren. Als wir früh wieder loszogen, trafen wir an einer Tanke einen einheimischen V- Stromler. Ein Urviech mit viel Spaß an unserer Unterhaltung. Er gab mir den Tipp, bis Tartu zu schlittern, nur da hätte ich eine Chance, eine passende Pelle zu finden. Somit ging es an diesem Sonntag die letzten 50 km bis Tartu, der zweitgrößten Stadt Estlands. Am frühen Nachmittag hatten wir einen guten Zeltplatz, ein Taxi in die Stadt und ein absolutes Whow- Erlebnis. Leute, da muss man hin. Tartu wurde hauptsächlich von den sowjetischen Truppen zu hundert Prozent platt gebombt. Das hinderte die Menschen nicht daran, ihre Innenstadt wieder original aufzubauen. Blitzsaubere Altstadtfassaden, besenreine Straßen und Wege, saugeile Kneipen, so zum Bsp. eine ehemalige Pulverkammer, ein Ziegelgewölbe riesigen Ausmaßes, in welcher jetzt eine feine Bar steckt. Nur gut, dass Sonntag war – aber echt eh, prosit!
Am Montag fuhren wir per Google- Hilfe und GPS zu einer freien Motorradwerkstatt. Der sauber deutsch sprechende Boss erfüllte voll unser Vertrauen. Er hatte zwar keinen passenden Reifen aber flugs wie das gelebte Unternehmertum sauste er los und organisierte einen passenden Pneu. Inklusive Montage berappte ich 150,00 €, ganz einfach per EC. Zum Dank gab ich seinen Schlossern einen 25er Pack Kümmerling, die waren baff und wir bester Stimmung. Übrigens, der Verkaufsbereich im Motoshop kann mit jedem deutschen Mopedladen mithalten, alles da.
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http://motohoov.ee/Von Tartu aus ging die Reise weiter Richtung Litauen. Der Oberschlosser der Mopedbude gab uns den Tipp, Schloss und Burg Bauska in Lettland zu besuchen. Das erreichten wir auf einer Tagesetappe quer durch Lettland, über Riga und südwärts auf der E67. Wieder schüttete es aus Kübeln und so buchten wir standesgemäß im Schlosshotel ein Vierbettzimmer, der Rest war ausgebucht. Nebenan gab es einen Imbiss mit heißen Fritten und kaltem Dönerschnitz. Die Krönung war das alkoholfreie Bier, die hatten fast nix Gescheites.
Wir tapsten bei abendlichem Niesel noch mal um das Schloss aber es war eher eine Notlösung. Doofer Regen…..
Am darauf folgenden Dienstag fuhren wir die letzten 30 km Richtung Litauen, überquerten fast unbemerkt die Grenze und fuhren bei sommerlichen 25 Grad zum „Berg der Kreuze“.
http://www.litauen.info/staedte/siaulia ... er-kreuze/ Das ist ein Nationaldenkmal des Landes und touristisch halbwegs erschlossen. Vor paar hundert Jahren hatte wohl ein Priester hier ein Kreuz aufgestellt und dabei blieb es nicht. Es ist Tradition, einmal im Leben als Litauer hier ein Kreuz zu Ehren früherer Vorfahren aufzustellen…es sind tausende.
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Mittlerweile haben wir auch Kontakt zu unserem 2013er Gastkind, einer kleinen Maus aus Siauliai und zum späten Mittag trafen wir uns in der Stadt. Sie hatte mir eine Adresse per SMS gesandt und Einheimische halfen uns weiter. Das Problem: Die Hausnummern werden nach Baudatum vergeben und so ist die Nr. 36 neben der 154, ein Chaos für uns Touris. Aber es ging alles gut und wir konnten unsere kleine Rugile in die Arme schließen, ein schöner Moment. Etwa 1,5 h saßen wir im Straßenrestaurant zusammen und schnatterten uns die Zungen wund. Kurz noch mal geknuddelt, ein Foto und adieu. Vielleicht…….später mal.
Vor dem Zusammentreffen gingen wir eine kleine Runde durch das Zentrum und wurden zurückgebeamt in die frühen neunziger Jahre in Plauen. Alles etwas simpel, Putz bröselt, Schmutz auf den Straßen, hm…es war nicht wirklich schlecht aber es fehlt hier und da das finanzielle Pflaster für Erneuerungen. Rugile meinte auch, dass der Euro zu bald kam, alles wurde teurer….wir kennen das ja.
Da es erst so 15.00 Uhr war, machten wir uns auf den Weg nach Klaipeda. Am Eingang zur Stadt buchten wir wieder zwei Hotelzimmer, es regnete mal wieder aus allen Rohren. Das Hotel war gut gebucht aber wir hatten Glück und für je 40,00 € eine 2Mann- Bude inkl. Frühstück.
Früh dann volle Sonne, blauer Himmel und trockene Motorräder. Also flugs auf zur Fähre auf die Kuhrische Nehrung, einem Paradies für Küstenfreaks. Die 45 km bis zur russischen Enklave Kaliningrad hatten wir fix abgefahren, die Grenze fotografiert und mit einer netten vollschlanken Dame Fotos geballert. Das Mädel stellte sich dann als Reporterin eines US- Motorradmagazines vor, die Welt ist klein. Ich schenkte ihr eines unserer Patch und sie gab mir ihre Karte, mal sehen…
Danach donnerten wir die Insel wieder hoch nach Norden, da ja der Russe die Tür zuhält. Dann rings um die russische Basis und weiter Richtung Polen. Etwa 50 km vor dem nächsten Staat hatten wir ein interessantes Erlebnis. Im abendlichen Marijampole wollten wir aus Mangel an einem Campingplatz Hotelzimmer buchen. An der Hoteltür eine Telefonnummer, klingelling und schon kamen zwei hübsche Vögelchen mit einem zerbeulten Kombi angeknattert, sperrten uns auf, steckten sich die Kohle ein und verschwanden wieder. Keine Kneipe, kein Frühstückservice, vier Mann in einem leeren Hotel..und ein einzelner Gast dazu.
Wir haben dann den Speisesaal gefunden, die Küche geöffnet und mit dem gefundenen Wasserkocher und deren Besteck und unserem Notfutter lettische 5Minutenterinen zubereitet. Dazu Brot, Wurst und Obst von unseren Beständen, alles gut. Bier hatten wir aus Erfahrung auch schon aufmunitioniert.
Früh starteten wir ohne Frühstück zum Ersatz- McD. Aber die hatten noch geschlossen. Bei der Weiterfahrt durch die Stadt fuhr ich als Leithammel echten Stuss zusammen, linksabbiegend bei rot und paar solche Scherze, ich war einfach noch im Tran. 15km weiter gab es an einer Tanke Frühstück und ich war wieder fit. So füllten wir die Tanks und ab ging es auf verteufelt schlechten Flickenstraßen rund 200 km zur Wolfsschanze, 2 Stunden Bunker kucken und weiter Richtung Germania. In Elblag war dann die Kraft zu Ende und wir erreichten den ersten Zeltplatz seit dem FHQ. Dieser Campingplatz ist mitten in der Stadt an einem kleinen Fluss und ausreichend ausgestattet. Alles schon etwas älter aber aus pflegender Hand recht gut erhalten.
Unsere zwei Jungs marschierten in die Innenstadt und kamen schwärmend zurück, tolle Gegend da, gute Altbausubstanz, netter Markt, kleine Läden.
Am Zeltplatz fix paar Servicearbeiten am Motorrad, Kettenpflege, Schmierdienst und fertig. Bier auf, Hand auf, Brot drauf, Wurst raus und guten Appetit.
Am nächsten Tag fuhren wir auf guten polnischen Straßen 500km und bis Templin am Rande Berlins. Hier bei unserem Reisebegleiter konnten wir noch einmal schlummern und am Samstag waren wir gegen 14.00 Uhr zuhause.
Gesamtzeit: 14 Tage
Teilnehmer: 4 von 6
Motorrad- km: 4100
Schiffsreise- km: etwa 1000 in 24h
Gesamtkosten rund 1300,00 € für mich inkl. Reifenkosten
Super 95 pro Liter etwa 1,05 €, Durchschnittsverbrauch mit Gespann 9L
Sonstige Schäden: eine gebrochene Tachowelle, Japaner eben
Tipp: Wer klever ist, bucht 2 x Fähre, Polen ist für Gespannler als Transitland nicht unbedingt empfehlenswert = 800km gradaus!
Ps: Man kann nicht mit zehn Bildern eine zweiwöchige Tour erzählen. Wir haben rund tausend Fotos geknipst und dafür ist hier verständlicherweise kein Platz. Wenn jemand mehr wissen möchte über Land, Leute und Campingadressen, fragt ruhig.
Nachtrag: In Mitteleuropa kann man fix einen 500km- Sprung fahren und ist plötzlich in einer anderen Region.
Im Baltikum liegen gute Entfernungsleistungen um die 300 km pro Tag. Wer das täglich fährt, ist richtig gut unterwegs. Das Gute an den Baltischen Staaten ist dafür deren eher geringe Größe, das gleicht manches aus.
Gruß
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Spitz am 31. Dezember 2017 07:43, insgesamt 17-mal geändert.