Schauuumh

Alle Technikfragen, die in kein Unterforum passen

Schauuumh

Beitragvon Crazy Cow » 20. März 2013 19:15

Moinchen,
ich habe mir mal wieder was zu polstern bestellt alles in Sitzfleischgröße dass man schön probieren kann. Bisher war ich skeptisch, wenn der Schaum nicht geügend Raumgewicht zusammenbrachte, heut war ich sehr zufrieden mit der Lieferung.

Die Firma Ravensberger Matratzen verkauft in ihrem Online Shop:

http://www.schaumstoff-zuschnitt-profi.de

liefert aber sehr langsam, 3 Wochen, vlt. weg Widerrufsfrist.

Bestellt hatte ich Sitzpolsterschaum Zuschitte aus PUR Kaltschaum.

Kategorie 1:
Raumgewicht 60, Stauchhärte 70 (60/70, sehr fest) in 60 und 100mm Dicke.
Der Schaum ist genial und unbedingt weiter zu empfehlen. Seine Besonderheit: er federt!
Ein ganz ungewohnter Vorzug für solch einfachen Werkstoff. Man sinkt nach mehrmaligem Hopsen etwas tiefer ein, aber auch beim 60mm Polster spürt man auf nem Holztisch nie gen Grund.

Kategorie 2:
Raumgewicht 50, Stauchhärte 80 (50/80 Super fest) in 100mm Dicke.
Der Schaum federt interessanterweise überhaupt nicht. Man sinkt kaum ein, das Material legt sich sehr gut an den Körper an, aber beim Hopsen dämpft er einfach nur.

Mein Gewicht ist etwa 86kg. Ich nehme an, ein 130kg Mann braucht schon den super festen. Mein Plan ist übrigens dieses Mal, den Schaum nicht in Form zu schleifen, sondern ihn mit einem Netz oder Jute ab zu spannen, bis die Form erreicht ist. Ich verspreche mir davon, dass der Sitz dann immer noch so reagiert, als wäre er 10cm dick aufgepolstert, denn wenn man drauf sitzt, ist er ja auch zusammengedrückt.

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Re: Schauuumh

Beitragvon Crazy Cow » 22. März 2013 19:26

Heute hatte ich erst mal mein' Bürodrehstuhl zwischen geschoben. Hab ich schon lang, sowas ergonomisches, aber mit Polster auf Schichtholzbrett. Hatt ich letztes Jahr zum Polstern weggegeben. War aber anschliessend nicht zufrieden, weil mir hinterher der Ars.. weh tat.

Darüber bin ich eigentlich immer noch sehr sauer, heute mehr als gestern.

In den frühen 1980ern, zu Beginn meiner Selbständigkeit, als ich noch mehr Möbel und seltsames Zeug baute, konnte ich die umliegenden Polsterer und Möbelrestaurateure motivieren, meiner damals noch sehr jungen angetrauten Stuhlgeflechte und geflochtene Polsterrahmen zur Reparatur zu bringen. Achteckgeflechte, gedrehte Binse, asiatische Schnüre und Peddig, Span und Weidengeflechte, es war eine Augenweide. Obwohl ich den Eindruck hatte, dass es nicht das große Geschäft sei, wurden es immer mehr. So eine Reparatur kostete zw. 60 und 100Mark und schlug sich sicher auch entsprechend heftig auf die Kosten der Polsterarbeiten nieder. Im Supermarkt gab es dabei teilweise schon 6 Import-Barhocker mit Binsengeflecht für 100 Mark. Aber, im Nachhinein habe ich mir gedacht, wenn einer das macht (die Geflechte bei der Korbmacherin reparieren lässt), dann renommiert er auch gegenüber seinen Kunden damit und letzten Endes müssen es dann alle machen. So war das. In unserem Kreisgebiet kam es in den 1980ern vollkommen aus der Mode, einfach Spanplatten unter den Schaumstoffkern zu nageln. Und das, obwohl gerade die Polsterei das Handwerk ist, bei dem man unter Preisdruck unheimlich fuschen kann. Es trennt ja keiner auf und guckt was drunter ist.

Zurück zu meinem Bürostuhl. Den hatte ich also letzten Sommer einem von jenen Polsterern gebracht. Der saß in seinem finsteren Ballsaal, die Fenster von Schaumstoffen und Kundenmöbeln zugestellt, früher war er mal ganz jung, so wie ich, heute saß seine Tochter im Büro und führte die Geschäfte und mir viel ein, dass meine Tochter ja auch schon weit über die 25 ist und ich zuckte bei dem Gedanken, dass ich auch so grau und leblos im Gesicht aussehen möge, wie der Kollege Polsterer. Er versprach, meine Polster rasch wieder in Ordnung zu bringen. Nach dem Preis habe ich nicht gefragt, war aber etwas enttäuscht darüber, dass er auf die Frage nach einer Auswahl von speziellen Sitzpolsterschaum nicht ins Lager flitzte und mir das Neuste anbot. Zwei wochen später holte ich Sitz und Lehne ab und Zahlte 30 Euro und 10 für die Kaffeekasse dafür. In dem Moment war mir eigentlich klar, dass er nicht ordentlich oder sagen wir mal in meinem Sinne hat was erbringen können. Mal ehrlich, je älter du wirst, je mehr Arbeit du im Sitzen zubringen musst, desto ehr tut die der Hintern weh, wenn du dich ungern von deinen alten Möbeln trennst. Ich hatte gedacht, dass das auch ein Polsterer weiß, gerade wenn man noch 10 min über die alten Zeiten talkt. Kurzum der Stuhl sah wieder gut aus, um meinen Hintern beurteilen zu können, fehlt mir inzwischen leider die Gelenkigkeit.

Heute das Ding aufgemacht. Mann, was war ich sauer, tausende von Tackerklammern in das Schichtholz geschossen, natürlich rammte ich mir beim Entfernen einen Daumennagel in die Arbeit, denn ohne Blut ist es ja keine.
Unter dem Bezug war nicht einmal Polsterwatte, der alte Schaumkern Bj. 1988 befand sich immer noch darunter und hatte dem Daumen, kaum dem Auge ernsthaft etwas entgegen zu setzen. Ok, mein neues Sitzkissen drauf, bei gesägt und bei geschliffen und den Bezug vom Polsterer wieder drauf. Nu macht das Sitzen auch wieder Spasz, wie man merkt.

Ich habe ja vollstes Verständnis dafür, wie in unserer privatkapitalistischen Welt sich Handwerker und Verkäufer, Reiseveranstalter und Friseure nach dem Kundenargument strecken müssen: "Im Indernätt habbisch des abä biilischä gesehn!"
Das ist aber doch kein Grund, sich vollkommen von der Qualitätsarbeit ab zu wenden, nur weil man sie hinterher nicht mehr sieht. Irgendwann sieht man es doch und mancheiner zahlt lieber 20 Okken mehr für was ordentliches.

Wobei ich nichts negatives gegen die Polsterer insgesamt gesagt haben will, schon gar nicht gegen die Moppedpolsterer. Ich stelle mir das schon sehr stressig vor, wenn man sich bemüht, nach allen Regeln der Kunst was ordentliches zu machen, aber wie im Versandgeschäft nicht einmal Maß nehmen oder Probesitzen kann. Dazu sind die Sitze verdammt klein und jeder Ars.. anders.
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Re: Schauuumh

Beitragvon Crazy Cow » 24. Juni 2013 18:03

Hab ganz versäumt hier weiter zu machen.

Also; der 60/70er Schaum ist nach längerem Fahren eigentlich eher ein guter Unterschaum, eben weil er federt. Seine Spannkraft ist aber etwas zu hoch, wenn eh schon was drückt. Der 50/80er ehat eher das, was man von einem Gelkissen erwarten würde.

Hab dann mal ne Reihe Selstversuche gestartet. Vorab: der Bürostuhl ist mit 50mm 50/80er Schaum ganz allerliebst geworden.
Bei den Yamaha Sitzbänken, beide gestuft habe ich in Beiden Fällen in der Mitte der Sitzfläche ein Trapez harausgeschnitten und eines aus dem neuen Schaum eingelegt. Bei der Solo GTS 50/80er, 80mm dick und oben passend ballig geschliffen. Dasgeht mit einem Bandschleifer oder einer Powerfeile. Der Sitz ist gut geworden, aber nicht sehr gut. Ich komme später dazu.
Beim XJ Gespann gleiche Vorgehensweise, aber 60/70er Schaum eingelegt. Im ersten Moment sehr komfortabel, nach einer Stund aber das übliche: Spannkraft viel zu hoch. Dieser Efekt tritt bei der GTS auch ein, aber später. Bin also der Sache noch mal auf den Grund gegangen.

Erste Einsicht: Es ist die Form der Sitzbank, bei beiden gleich. Fahrersitz und Soziussitz zueinander gestuft. Da liegt der Hase im Pfeffer.

to be continued
(muss erst mal was essen, Salat Nizza)
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Re: Schauuumh

Beitragvon scheppertreiber » 24. Juni 2013 18:19

Sers Olaf,

so sind die Polsterer, die Kunden aber auch.

Ich sehe das bei der Kundschaft meiner Frau. Sie schleifen irgendein XXXL-Monstrum von
Sofa aus gefühlten 2 Tonnen Spanplatten an und dann darf der neue Bezug nichts kosten.

Dann kommt ein zierliches Rokokoteil mit der gleichen Stabilität, aber aus gutem Holz und
das Gestell hebst Du mit einer Hand.

Eigentlich mußt Du dem Polsterer nur sagen was Du willst ... :wink:
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Re: Schauuumh

Beitragvon Crazy Cow » 24. Juni 2013 18:59

scheppertreiber hat geschrieben:
Eigentlich mußt Du dem Polsterer nur sagen was Du willst ... :wink:


Darauf zielt dieser Fred eigentlich ab. Eine Analyse oder Diagnose. Heilung verschafft der Polsterer, wenn man seine Wünsche erst mal präzisieren kann.

_______

Eigentlich liegen zwei Hasen im Pfeffer, der eine - die Form der Sitzbank, der andere - unsere Sensoren im Sitzfleisch.
In den Fingernspitzen haben wir imho mehrere Hundert pro Quadratzentimeter (sind das die Synapsen?), am Boppes nur alle drei Zentimeter einen. So ungefähr.
Und so kann das Mensch beim Dokter oder beim Polsterer eben einfach nur klagen: "Mir tut halt beim Sitzen der Oarsch weh!"
Wir haben ja in keiner Schule gelernt, das genauer aus zu drücken. Und so bekommen wir meist einfach nur ein dickeres Sitzkissen gepolstert, das ingesamt etwas seltsam aussieht, aber das ist schliesslich alles egal, wenn der Schmerz nachlässt.

Das Mensch hat imho ein weiteres Problem, speziell wenn es älter wird. Muskeln und Sehnen erlahmen, so dass das Sitzfleisch beim Hocken von seiner ursprünglichen Position unter die Oberschekel wandert und speziell Hüftgelenke, Steißbein und Ischiasnerv nicht mehr anständig polstert. Das muss dann der Polsterer tun.

Die Form der Sitzbank hat vielleicht einfach nur ein Übel, an das die Designer bei der Formgebung nicht gedacht haben.
Habe ich eine gerade Sitzback, auch wenn sie schräg aufliegt, oder einen Einzelsitz, ein Sitzkissen wie beim Chopper, ist das Polster einfach nur leicht ballig.
Setzt sich nun das Mensch drauf, verkleinert sich da Polstervolumen unter dem Boppes und der Bezug entspannt sich. (Weil die Bezugfläche für das kleinere Volumen zu groß ist). Er wirkt sich also nicht störend auf die Sitzsituation aus.
Ist die Sitzbank nun gestuft mit einem einteiligen Bezug darüber, wird der Bezug beim Aufreiten gespannt, er wird straffer, weil er an der Stufe oben hinter dem Boppes hängt. Ich vermute, (habe es mit Versuch ergründet und komme zu dem Schluss) dass die Spannung des Bezuges reicht, um nach einer gewissen Zeit lästig auf das Steissbein, oder den Ischiasnerv zu drücken.

Wenn ich nun eine gestufte Sitzbank zum Polsterer brächte, würde ich ihn bitten, drei separate, nur an einer Kante vernähte Kissen auf dem Rahmen auf zu bringen. Das vordere nur für den Boppes des Fahrers, das zweite stehend, gern als Rücken- oder Lordosenstütze bezeichnet und das dritte als Sitzkissen für den Sozius. Wie er sie elegant verbindet und gemeinsam unten um den Rahmen legt, bleibt dann der Kunst des Polsterers überlassen.

To be continued, es gibt noch Fotos.
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Re: Schauuumh

Beitragvon Crazy Cow » 25. Juni 2013 00:20

Die Original Sitzbänke haben meist einen rel. fest geschäumten Kern, der beim Aufsitzen gar nicht so tief einsinkt, dass er den Bezug in Verlegenheit bringt. Nur leider passt meist der etwas angeschrägte Sitzwinkel nicht mehr, sobald man einen (gespanntauglichen) Tourenlenker drauf macht, vlt. einfach nur aus einem Bedürfnis nach aufrechter Sitzhaltung oder Entlastung der Knie.
Lässt man die Sitzbank auf doof neu polstern, hat der Handwerker leider nie den genauen neuen Sitzwinkel vor Augen, wenn dat schräge Teil vor ihm auf dem Tisch liegt.

Um endlich zu Potte zu kommen: Der Mors kann einem noch so weh tun, auf der Klobrille findet er immer einen Platz, auf dem es ihm gut gefällt. :)

Bild

Also: wie beschrieben das harte Originalpolster in der Mitte ausgehöhlt, nur ein Atoll übrig gelassen, kwasi. Leider ist ein Moppedsitz nicht so groß wie eine Klobrille. :(
In das trapezförmige Loch den weicheren Schaum eingepflegt und an geglichen. Vlies drüber, Bezug drüber, aber wir sind immer noch beim Versuch, nicht bei der Lösung.

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Als nächstes gefahren und gefahren und beobachtet, wo es drückt. Kreuzchen gemacht, auf der Sitzbank jetzt, nicht auf dem Gesäß. Eigentlich wollte ich das was jetzt kommt mit einem Netz lösen und dem Abspannen von Knotenpunkten. Ich hatte aber kein Netz und auch der Versuch, Polsterknöpfe zu bekommen war im ersten Anlauf gescheitert. Also nachschauen, was meine Schubladen so hergeben.

Zimmermannsmässige Schlossschrauben, mal eben am Kopfe geschwärzt. Ist ja nur für den Versuch. M6x60 bis M6x90. Das sieht dann so aus:

Bild
Bild
Bild

Die Bilder oben zeigen die andere Sitzbank, sie ist noch nicht geknöpft.

Von unten 8er Löcher in den Sitzrahmen gebohrt und Löcher in den Bezug gepfriemt. Von oben die Schrauben durch und unten mit Muttern gesichert. Wenn man sich drauf setzt, gleiten sie schön nach unten durch.
Probefahrten, die dauern dann schon länger als eine Stunde und Muttern nach gezogen wo es noch drückt. Irgendwann drückte nichts mehr.

Wie hängt das wohl zusammen?

Polster mit Polsterknöpfen spannen den Bezug vor. Muss der Oarsch nicht mehr machen. Zwischen den Knöpfen bleiben nur balllige Häufchen, die sich beim drauf setzen immer entspannen. Die Fläche zwischen den Knöpfen liegt insgesamt niedriger (Klobrilleneffekt) und und ist durch etliche Gewinde an die knochigen Partien des Gesäßes angepasst.
Das an sich zu weiche Ersatzpolster ist durch das Vorspannen etwas härter geworden, kann also von vorn herein rel. hoch sein.
Im nächsten Gang kann der, dem die Chopperoptik für sein Sportgerät nichts ist, oder der, so Sorge um die Wasserdichtheit der Knöpfe hat, dem Polsterer antragen, die Schrauben durch Knöpfe zu ersetzen und die Schnurmaße aus den Schrauben ab zu nehmen. Das ganze auf einem stabilen Polyesterfvlies unterhalb des Bezuges! Wenn der abschliessend drauf gelegt wird, sieht man nichts mehr von der Knopflandschaft und es spart ein Beziehen der Knöpfe in Polsterfarbe. Übrigens kommt man nach meiner Einschätzung mit 4 oder 5 Schrauben/Knöpfen aus. Eine Raute kwasi. Die bringt etwas mehr Druck auf die Oberschenkel Sieht halt etwas seltsam aus, wenn man sie sichtbar lässt.

Ist noch nicht schön, es muss aber für die Versuchsfahrten bis zur Winterbastelei reichen.

Habe fertich.
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Re: Schauuumh

Beitragvon Schwarzwäldler » 25. Juni 2013 10:34

Spannendes Projekt lieber Olaf. Ich verfolge es schon eine ganze Weile.
Wenn man in die Jahre gekommen ist wie wir, dazu noch "Rücken" hat, weil man(n) mal beim Motocrossen in früheren Jahren zu wild war, ist das Sitzmöbel auf dem Mopped eine echte Glaubensfrage. Mit Respekt verfolge ich Deine Herangehensweise, die ich mir per se so nicht zutrauen würde. Jetzt nicht weil es am handwerklichen Geschick mangeln würde nein, weil ich die Zusammenhänge ungenügend kenne.

Als wir unser Gespann der Umrüstung der jeweiligen Sitzmöbel unterzogen, stand daher im Vordergrund die Frage "Wer hat das nötige Fachwissen, so ein Möbel für unsere Popess, Wehwehchen und unser Tourenprofil so zu gestalten, dass wir maximalen Spass und minimale Negativgefühle entwickeln können"?

Wir haben uns daher bewusst an keinen Sattler gewand, sondern an Jemanden, der den Hintergrund und auch die Ausbildung hat, medizinische Sitzmöbel herzustellen. Wir waren dann überrascht wieviele Eingangsgrössen nötig sind, um ein passendes Sitzmöbel herzustellen. Ich bin knapp 2m und wiege 114kg. Der Sitz muss daher auf der GL1800 anders aussehen als auf der KTM oder der Varadero.

Ich komme kurz zurück auf Deine Klobrille. Der Ansatz ist nahezu identisch wie der, den unser "Fachmann" gewählt hatte, jedoch hat er auf unser Gewicht und den Sitzwinkel passende Geleinlagen gewählt. Da wir vorwiegend bei Temperaturen über 6°C unterwegs sind, spielte die Konsistenz und Wärmeleitfähigkeit des Gels auch eine entscheidende Rolle.

Wir sind nun schon etliche Monate mit dem Gerät unterwegs und ich, als auch meine liebe Sozia haben den massiven Unterschied zu vorher lieben und schätzen gelernt.

Viel Spass bei Deinem weiteren Projekt.

Ach ja, noch zur Ergänzung. Inzwischen durfte auch die recht komfortable Sitzbank im Beiwagen einem Halbsitz mit Geleinlagen für meine Sozia weichen. So hat der Hund noch mehr Platz und mein Schatz sitzt noch mehr kommod.
Grüße aus der Südheide
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Re: Schauuumh

Beitragvon Crazy Cow » 25. Juni 2013 11:49

Hallo Dietrich,

Jo hat es oben ja schon angesprochen, die Spanplatten und die Rahmenkonstruktionen. Meine Frau ist gelernte Korbmacherin, sie hat etliche Sitzmöbel gebaut und wir haben mithilfe meiner Modelltischlerei in den 1980ern etliche, eher hunderte antike Sitzrahmen restauriert. Es lief immer darauf hinaus, einen stabilen Rahmen und ein elastisches Unterpolster zu schaffen und selbst bei den Sichtgeflechten, Thonet Achteck-, Binsen- oder Schnurgeflechten war die Sitzmitte dem Rand gegenüber elastisch. Die ersten Moppedsitzbänke (Denfeld) waren ja auch nach diesem Muster gestrickt und kamen ohne viel Schaum aus.

Gelkissen sind mit Sicherheit nicht schlecht. Es ist etwa so, als wenn man sich in flüssigen Gips setzt und einen Abdruck hinterlässt, nur dass der Abdruck sich an jede Haltungsänderung anpassen kann. Es gibt ja sogar Schuhe mit Gelsohle. Ich war mir nur nicht sicher, ob die handelsübliche Dicke von 2cm reicht, um sowohl die körperlichen Unebenheiten als auch Fehler in der Sitzschräge zu überbrücken. Dann werden sie halt hauptsächlich von Zubehörhändlern verkauft. Ich fürchte, dass es Qualitätsunterschiede gibt, die wir als Laien oder Erstkäufer nicht durchschauen, und dass genau der Punkt der Viskosität bzw. Temperatur im Vorfeld nicht immer zuverlässig beantwortet werden kann. Sie sind ja recht teuer und es ist schon eine Überlegung wert, drei oder vier verschiedene zu probieren.
Aber die Technik entwickelt sich weiter, das ist nun mal die moderne Lösung und ich freue mich, wenn ihr eure Anforderungen im ersten Anlauf erfüllen konntet.
Meine Bastelei ist vielleicht auch nur so umfangreich, weil vieles im ersten Anlauf wegen fehlender Konsequenz oder Sparsamkeit eben nicht sitzt. Ich hätte natürlich lieber einen neuen Sitzrahmen aus Stahlrohr gebogen und ausgeflochten oder Spiralfedern eingehängt. So ein Aufwand ist aber fast ein Lebenswerk, oder ich bin einfach nur zu faul.

:(
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Schambeinstütze

Beitragvon Crazy Cow » 22. September 2013 12:17

letzter Akt bei der Polsterei. Beim Gespann mit dem Billigbezug hatte ich ja die Schrauben sichtbar von oben durch gezogen und nach und nach auf die vier inneren reuziert deren Spannung ich ebenso veränderte bis es passte.
Im Moment sind es 2 Stunden ohne jede Schmerzen.
Das rel. teuer erworbene Polster der GTS wollte ich nicht durch Löcher ruinieren und hatte die Schrauben unter dem Bezug platziert.
Im letzten Gang nun habe ich die Schrauben durch Mantelknöpfe mit Packband ersetzt, nicht ohne vorher die Polsterung noch mal zu ändern. Diesmal am Objekt, d.h. Probesitzen auf dem Motorrad zwischendurch. Ich weiß gar nicht wie das Polsterer ohne dem hinkriegen sollen.

Kategorie "Tourensport" oder "Sport-Tourer" wird von Yamaha gern gerufen, man will sichs ja mit keinem verderben. So bekommt man zwar eine gestufte Sitzbank, aber eben mit schräg nach vorne fallenden Sitzflächen. Die versagen genau dann, wenn man einen höheren Tourenlenker drauf baut. Die Sitze sind teiweise schon sehr schräg. Schräg ist englisch und englisch ist modern. Also habe ich diesmal noch tüchtig nach gefuttert, "Schambeinstütze" vom Pferde- und vom Fahrradsattel bekannt. Der Sitz ist jetzt schön waagerecht, vorn eher höher. Drei Knöpfe pro Sitz bleiben, sie erlauben durch spannen des Packbandes das Verhältnis von Sitz- und Schambeinpolsterhöhe fein zu regulieren.

Ein Foto vom fertigen Sitz fehlt, es würde die zeigen, dass rein optisch die Polstermaßnahme weniger auffällt. Beim Aufsitzen merkt man es aber schon. Gestern zwei Stunden Odenwald, tadellos. Ich bleibe aber dabei: den recht teuer erworbenen rutschfesten Bezug hätte ich doch durch einen billigen glatten ersetzen sollen. Man bekommt immer irgendwie den Hosenboden straff gezogen.

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Über das Polster ist ein Polyestervlies gelegt, wie es zum laminieren von GfK verwendet wird.
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