Beste Bohne hat geschrieben:
Ach Olaf,
ich habe gar keine Erfahrung, weil ich noch nie E10 getankt habe. Aber auch Du kannst den niedrigeren Energiegehalt von Alkoholen nicht wegdiskutieren.
Um auf See seinen Standort zu bestimmen, muss man eine Kreuzpeilung vornehmen. Nicht nur das, der Navigator würdigt auch wenigstens zwei Standpunkte.
Um an der Diskussion über BioEthanol teil zu nehmen, sollte man wenigstens z.B. den Standpunkt der Landwirtschaft kennen, das Würdigen kommt dann von ganz allein. Ich habe weiter oben dazu einen Link gesetzt. Mal bei schönem Wetter drauf achten, was vor der Haustür so wächst und wofür es verwertet wird. Zusammengefasst: Das Problem beim Bioethanol sind zur Zeit die Transportkosten für den zweiten Rohstoff.
weiter:
1. Journalisten haben vor einer 1100km langen Tanktestfahrt sich bei der Mineralölindustrie schlau gemacht, wo die beste E10 Versorgung ist. Antwort: Süd- und Ostdeutschland. Sie kamen nach 18 Tankstopps von E4 bis (nur einmal) E9 auf einen Mittelwert von rd. 6%.
2. Letzen Herbst waren es offiziell 5% in Super 95, einem Treibstoff, der bei den E10 Kritikern über Zweifel erhaben ist. Die EU fordert 5,75; die haben wir nur in Süd- und Ostdeutschland. So what?
3. Messungen mit Opel Astra (einfaches Motormanagement) und echtem E10 ergab
keinen Mehrverbrauch (Schwankung 0,1l/100km)
4. Messungen mit einem BMW Mini ergaben
sogar einen Minderverbrauch, den man auf das aufwendigere Motormanagement zurück führte. Denn tatsächlich ist die Klopffestigkeit von E10 spürbar höher, so dass selbst eine primitive Motorregelung mit Zündkurvenverstellung den Wirkungsgrad im Teillastbereich zu erhöhen in der Lage ist.
5. Motoren mit geregelten Nockenwellen (seit 10 Jahren Stand der Technik) können im Ansaugtakt deutlich mehr Energie zuführen, so dass die Gasverdichtung real ohne Zündverstellung bis an die Klopfgrenze erhöht wird. (Du Jens, hast m.w. solch ein Auto). Der Wirkungsgrad nimmt zu, der Motor verhält sich wie einer mit mehr Hubraum, man muss das Gas nicht so weit aufmachen.
7. Der niedrigere Energiegehalt ist m.E. praktisch nur in einem Stationärmotor nach einer Stunde Vollast nach zu weisen. Ich glaube, nach einer Stunde Vollast haben die meisten Moppedmotoren ganz andere Probleme.
8. All das hängt damit zusammen, dass wir im Alltag nie die Katalogleistung in Anspruch nehmen, die wir mal nach Prospekt gekauft haben. Es würde hier wahrscheinlich auch niemand glauben, dass sein Moppedmotor in besagter Stunde 25-35 Liter feinsten Treibstoff durchjagt. Sämtliche Argumente hierzu sind also rein akademisch.
9. Wenn die Argumente von FJ1200 Fahrern mit Durchlaufvergaserbatterie kämen, könnte ich es verstehen, aber sie kommen von BMW Fahrern, mit Motormanagement.
10. Das gleiche Gejammer hatten wir bei der Einführung der bleifreien Treibstoffe. Die Argumente an den (damals noch) Stammtischen redeten der jeweiligen Motor-Hausmarke zu Maule, die die Zeichen der Zeit verschlafen hatte und ihre Fahrzeuge 1989 "schon mit Katalysator-Vorrüstung" einen Aufkleber auf die Heckscheibe pappten und einen Kat in den Kofferraum legten. Einige bauten den "Leistungskiller" Kat aus und schnell wieder ein. Die Motoren, die durch dieses "bürgerferne" Gesetz dem Tod geweiht waren, haben alle überlebt. Noch nie hatten wir so viele 30Jahre Motoren in Betrieb wie heute.
11. Der Effekt, die Abkehr vom E10 wegen Bürgerprotesten, kommt den Benzinmachern gerade recht und sie sind froh, dass ihr "Wirschafister" (den das gar nichts angeht) in die gleiche Kerbe schlägt, die Erfüllung des Gesetzes käme schon teurer, Mischkalkulation hin oder her.
12. Ich persönlich habe vollstes Verständnis, wenn unsere Volksvertreter bei Entscheidungen über die Zukunft ausnahmsweise mal nicht 30Jahre alte Technik berücksichtigen.
Wem die technischen Zusammenhänge all zu viel sind:
- prüfe noch mal im Supermarkt, ob Spiritus wirklich in Plastikflaschen verpackt ist und ob gelegentlich eine inkontinent ist
- frage mal die Omma, womit sie früher die gerupften Suppenhühner geflämmt hat und warum sie kein Benzin genommen hat.
Es spricht überhaupt nichts gegen alkoholisierten Treibstoff, nur gegen alkoholisierte Fahrer.