Reifen und deren Tücken
Verfasst: 13. Oktober 2019 15:29
Hallo,
nachfolgend eine Art Erfahrungsbericht.
Vor einigen Jahren war in der Zeitschrift „Motorrad Gespanne“ ein Bericht über ein BMW F650 GS Lefèvre Gespann. Der Umbau gefiel mir technisch und optisch sehr gut und er entsprach weitest gehend meinen Anforderungen an ein Gespann.
Als es dann circa 3 Jahre später zum Verkauf stand wurden Ehefrau und Hund ins Auto gepackt und eine 700 Kilometer lange Reise zum Hersteller angetreten.
Nach einer ausgiebigen Probefahrt unter erschwerten Bedingungen, gefühlte 45 Grad im Schatten, haben wir das Gespann gekauft.
Seitdem sind wir 30.000 Kilometer mit großem Vergnügen gefahren. Außer Inspektionsarbeiten und dem Austausch von Verschleißteilen gibt es eigentlich nichts zu berichten, währen da nicht diese technischen Aha-Momente...
Der erste kam so nach 5 Tausend Kilometern und war eigentlich nicht wirklich einer.
Das Profil am Seitenwagen hatte rapide abgenommen und verschliss einseitig.
Das Problem mit dem Verschleiß kannte ich auch von meinem vorherigen Suzuki Gespann.
Nachdem ich an diesen die Ansteuerung der SW-Bremse von Fuß- auf Handbremse umgebaut hatte schmolz der 18 Zöller auf dem Seitenwagenrad dahin wie Butter in der Sonne. Aber das Gespann blieb beim Bremsen in der Spur. Da ich wegen eines Handicaps die Fußbremse nicht dosiert benutze zog es vorher beim starken abbremsen gewaltig nach links.
Erster Gedanke: Weniger Vorspur und Reifen auf der Felge drehen.
Aber: Eine Justage ist immer ein Kompromiss zwischen zwei Extremen und ich bin mit dem Fahrverhalten sowohl bei leerem als auch mit Passagier im Seitenwagen super zufrieden. Also wird in Zukunft der Reifen bei ca. 2mm Differenz gedreht und eben etwas früher getauscht.
Irgendwann war dann der Hinterradreifen dran. Also: Rad ausbauen, neuen Reifen aufziehen lassen, Hinterrad wieder einbauen. Dabei darauf achten das der ABS Sensor samt Kabel nicht irgendwo eingeklemmt wird. Kurze Probefahrt alles Ok.
Am Abend dann mit Ehefrau im Boot zum Stammtisch. Nach 30 Kilometern auf langer, gerader Strecke auf der Bundesstrasse rote Lampe: ABS Störung! Rechts ran und nachgeschaut. Kabel heil - Sensor an seinem Platz. Motor gestartet die Lampe bleibt aus.
Bis kurz vorm Ziel. Hab nochmals geschaut und wieder nichts gefunden.
Am nächsten Tag den Sensorabstand überprüft war in Ordnung trotzdem etwas kleiner eingestellt. Sollmaß 0,1 bis 1mm kommt also nicht wirklich auf ein Zehntel an.
Was habe ich geändert? Neuer Reifen! Also Bandmaß geholt und nachgemessen. Bei eingebauten Rädern etwas fummelig... ??!! Ergebnis: der neue Reifen hat einen gut 10mm größeren Umfang. Damit hat dann der ABS-Rechner ein Problem - für ihn drehen sich die Räder nicht gleich schnell. Also Fehlermeldung!
Gut - kann ich erstmal mit leben. In der Bedienungsanleitung steht ja sowieso:
Nach jedem Startvorgang ist das ABS, nach BMW Anleitung, abzuschalten!
Hatte ich gelesen und zur Kenntnis genommen.
Eine rote Lampe im Cockpit nervt mich persönlich gewaltig auch wenn ich weiß warum sie leuchtet! Also wanderte das Vorderrad an den Seitenwagen, dessen Reifen war sowieso wieder reif zum Wechseln und der neue Reifen kam nach vorne.
Nun war auch der ABS-Rechner wieder zufrieden !
Diese Saison begann dann etwas hakelig. Zuerst standen Reifenwechsel und neue Bremsbeläge am Seitenwagen an. Kurze Probefahrt: alles in Ordnung. Endlich wieder fahren!
Dann Leistenbruch mit OP. „Ist eine Fehlkonstruktion der Natur“ sagte der Chirurg zu mir. Sechs Wochen körperliche Schonung !!!
Dann endlich wieder, mit Ehefrau im Boot, die erste längere Ausfahrt.
Auf der Rückfahrt dachte ich: geht heute irgendwie alles schwer. Zwei Tage später alleine auf Tour. Nach einigen Kilometern ging immer noch alles schwer. Erschreckend diese körperliche Verweichlichung nach der Winterpause und der OP! Und die Reflexe beim Fahren – irgendwie ...
da hilft wohl nur viel Fahren.
Einige Tage und etliche Kilometer später fuhr ich auf unserer am Tag zuvor neu asphaltierten Umgehungsstraße und dachte - was haben die den denn hier gemacht? Alles voller Spurrillen!
Dann die bittere Erkenntnis: die Straße ist OK und nix mit Verweichlichung...
Mit dem Gespann stimmt etwas nicht und zwar gewaltig!
Nun war ich lange Zeit Servicetechniker und weiß: die schönsten Fehler baut man sich selber ein.
Der Reifen!!!
Ich hatte weder dem Monteur gesagt, welcher Luftdruck drauf soll, noch selber geprüft.
Auf zur nächsten Tankstelle und richtig 2,8 bar die Hälfte soll es sein. Danach viel besser aber nicht wie gewohnt. Das Fahrgefühl, wie zu strammes Lenkkopflager bei einer Solo, in Verbindung mit Seitenwind von rechts. Also kein Linkszug sondern mehr ein ständiger Druck nach links.
Also zurück zur Garage und den Wagenheber unter den Seitenwagen. Am Rad gedreht am Rad gewackelt- kein Spiel. Da fiel mein Blick auf die Reifenflanke. Outside stand da in einem kleinen Oval. Outside!
Wie war das noch: Gespräch mit dem Reifenhändler meines Vertrauens?
„Ich brauch einen neuen145/65 15.“
„Hab einen asymmetrischen auf Lager. Kann dir den gleich montieren.“
„Gut - was ist an dem anders, außen mehr Grip?“
„Nein, außen härter damit er in den Kurven weniger walkt bei den schweren SUV’s.“
„OK, nehme ich.“
Sage ich und denke „schwere SUV’s auf 145er Reifen“. Wieder so ein Marketing Gag.“
Gut baue ich das Rad mal aus und stelle es neben das Vorderrad. Wenn man es weiß sieht man den Unterschied. Aber richtig gravierend sieht das nicht aus!
Schön ist, wenn man mit drei schrauben lösen ein Rad draußen hat, noch schöner wenn man die Räder untereinander tauschen kann! Gedacht, gemacht. Das Gespann fährt wieder wie es soll.
Fast... jedenfalls links herum lenkt es sich etwas unwilliger als rechtsrum, aber wirklich nur minimal.
Und die ABS–Lampe leuchtet auch immer mal wieder. Der Rechner hat wieder seine Probleme mit dem neuen Reifen vorn und den fast abgefahrenen hinten.
Werde im Frühjahr beide ersetzen. Der Vordere wird dann als Lehrgeld abgebucht.
Gruß Peter
nachfolgend eine Art Erfahrungsbericht.
Vor einigen Jahren war in der Zeitschrift „Motorrad Gespanne“ ein Bericht über ein BMW F650 GS Lefèvre Gespann. Der Umbau gefiel mir technisch und optisch sehr gut und er entsprach weitest gehend meinen Anforderungen an ein Gespann.
Als es dann circa 3 Jahre später zum Verkauf stand wurden Ehefrau und Hund ins Auto gepackt und eine 700 Kilometer lange Reise zum Hersteller angetreten.
Nach einer ausgiebigen Probefahrt unter erschwerten Bedingungen, gefühlte 45 Grad im Schatten, haben wir das Gespann gekauft.
Seitdem sind wir 30.000 Kilometer mit großem Vergnügen gefahren. Außer Inspektionsarbeiten und dem Austausch von Verschleißteilen gibt es eigentlich nichts zu berichten, währen da nicht diese technischen Aha-Momente...
Der erste kam so nach 5 Tausend Kilometern und war eigentlich nicht wirklich einer.
Das Profil am Seitenwagen hatte rapide abgenommen und verschliss einseitig.
Das Problem mit dem Verschleiß kannte ich auch von meinem vorherigen Suzuki Gespann.
Nachdem ich an diesen die Ansteuerung der SW-Bremse von Fuß- auf Handbremse umgebaut hatte schmolz der 18 Zöller auf dem Seitenwagenrad dahin wie Butter in der Sonne. Aber das Gespann blieb beim Bremsen in der Spur. Da ich wegen eines Handicaps die Fußbremse nicht dosiert benutze zog es vorher beim starken abbremsen gewaltig nach links.
Erster Gedanke: Weniger Vorspur und Reifen auf der Felge drehen.
Aber: Eine Justage ist immer ein Kompromiss zwischen zwei Extremen und ich bin mit dem Fahrverhalten sowohl bei leerem als auch mit Passagier im Seitenwagen super zufrieden. Also wird in Zukunft der Reifen bei ca. 2mm Differenz gedreht und eben etwas früher getauscht.
Irgendwann war dann der Hinterradreifen dran. Also: Rad ausbauen, neuen Reifen aufziehen lassen, Hinterrad wieder einbauen. Dabei darauf achten das der ABS Sensor samt Kabel nicht irgendwo eingeklemmt wird. Kurze Probefahrt alles Ok.
Am Abend dann mit Ehefrau im Boot zum Stammtisch. Nach 30 Kilometern auf langer, gerader Strecke auf der Bundesstrasse rote Lampe: ABS Störung! Rechts ran und nachgeschaut. Kabel heil - Sensor an seinem Platz. Motor gestartet die Lampe bleibt aus.
Bis kurz vorm Ziel. Hab nochmals geschaut und wieder nichts gefunden.
Am nächsten Tag den Sensorabstand überprüft war in Ordnung trotzdem etwas kleiner eingestellt. Sollmaß 0,1 bis 1mm kommt also nicht wirklich auf ein Zehntel an.
Was habe ich geändert? Neuer Reifen! Also Bandmaß geholt und nachgemessen. Bei eingebauten Rädern etwas fummelig... ??!! Ergebnis: der neue Reifen hat einen gut 10mm größeren Umfang. Damit hat dann der ABS-Rechner ein Problem - für ihn drehen sich die Räder nicht gleich schnell. Also Fehlermeldung!
Gut - kann ich erstmal mit leben. In der Bedienungsanleitung steht ja sowieso:
Nach jedem Startvorgang ist das ABS, nach BMW Anleitung, abzuschalten!
Hatte ich gelesen und zur Kenntnis genommen.
Eine rote Lampe im Cockpit nervt mich persönlich gewaltig auch wenn ich weiß warum sie leuchtet! Also wanderte das Vorderrad an den Seitenwagen, dessen Reifen war sowieso wieder reif zum Wechseln und der neue Reifen kam nach vorne.
Nun war auch der ABS-Rechner wieder zufrieden !
Diese Saison begann dann etwas hakelig. Zuerst standen Reifenwechsel und neue Bremsbeläge am Seitenwagen an. Kurze Probefahrt: alles in Ordnung. Endlich wieder fahren!
Dann Leistenbruch mit OP. „Ist eine Fehlkonstruktion der Natur“ sagte der Chirurg zu mir. Sechs Wochen körperliche Schonung !!!
Dann endlich wieder, mit Ehefrau im Boot, die erste längere Ausfahrt.
Auf der Rückfahrt dachte ich: geht heute irgendwie alles schwer. Zwei Tage später alleine auf Tour. Nach einigen Kilometern ging immer noch alles schwer. Erschreckend diese körperliche Verweichlichung nach der Winterpause und der OP! Und die Reflexe beim Fahren – irgendwie ...
da hilft wohl nur viel Fahren.
Einige Tage und etliche Kilometer später fuhr ich auf unserer am Tag zuvor neu asphaltierten Umgehungsstraße und dachte - was haben die den denn hier gemacht? Alles voller Spurrillen!
Dann die bittere Erkenntnis: die Straße ist OK und nix mit Verweichlichung...
Mit dem Gespann stimmt etwas nicht und zwar gewaltig!
Nun war ich lange Zeit Servicetechniker und weiß: die schönsten Fehler baut man sich selber ein.
Der Reifen!!!
Ich hatte weder dem Monteur gesagt, welcher Luftdruck drauf soll, noch selber geprüft.
Auf zur nächsten Tankstelle und richtig 2,8 bar die Hälfte soll es sein. Danach viel besser aber nicht wie gewohnt. Das Fahrgefühl, wie zu strammes Lenkkopflager bei einer Solo, in Verbindung mit Seitenwind von rechts. Also kein Linkszug sondern mehr ein ständiger Druck nach links.
Also zurück zur Garage und den Wagenheber unter den Seitenwagen. Am Rad gedreht am Rad gewackelt- kein Spiel. Da fiel mein Blick auf die Reifenflanke. Outside stand da in einem kleinen Oval. Outside!
Wie war das noch: Gespräch mit dem Reifenhändler meines Vertrauens?
„Ich brauch einen neuen145/65 15.“
„Hab einen asymmetrischen auf Lager. Kann dir den gleich montieren.“
„Gut - was ist an dem anders, außen mehr Grip?“
„Nein, außen härter damit er in den Kurven weniger walkt bei den schweren SUV’s.“
„OK, nehme ich.“
Sage ich und denke „schwere SUV’s auf 145er Reifen“. Wieder so ein Marketing Gag.“
Gut baue ich das Rad mal aus und stelle es neben das Vorderrad. Wenn man es weiß sieht man den Unterschied. Aber richtig gravierend sieht das nicht aus!
Schön ist, wenn man mit drei schrauben lösen ein Rad draußen hat, noch schöner wenn man die Räder untereinander tauschen kann! Gedacht, gemacht. Das Gespann fährt wieder wie es soll.
Fast... jedenfalls links herum lenkt es sich etwas unwilliger als rechtsrum, aber wirklich nur minimal.
Und die ABS–Lampe leuchtet auch immer mal wieder. Der Rechner hat wieder seine Probleme mit dem neuen Reifen vorn und den fast abgefahrenen hinten.
Werde im Frühjahr beide ersetzen. Der Vordere wird dann als Lehrgeld abgebucht.
Gruß Peter