Hintere Schwinge verlängern

Dämpfer, Räder, Bereifung usw.

Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon kenu » 25. Mai 2021 20:09

Bevor die Achsschenkellenker auf den Markt kamen, haben einige Gespannbauer ihr Umbauten mit einer verlängerten Schwinge ausgestattet, um einen stabileren Geradeauslauf und trotzdem Agilität zu gewährleisten.
Mich würde es interessieren, welche Vorteile / Nachteile so eine verlängerte Schwinge bei einem Schwingengabelmodel hat.
Langer Radstand = guter Geradeauslauf... aber ab und wann will man auch mal eine Kurve fahren oder auch zwei nacheinander, da ist der tolle Geradeauslauf vlt. hinderlich, wenn es um Agilität geht.
Gruss

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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon Crazy Cow » 26. Mai 2021 02:26

kenu hat geschrieben:Bevor die Achsschenkellenker auf den Markt kamen, haben einige Gespannbauer ihr Umbauten mit einer verlängerten Schwinge ausgestattet, um einen stabileren Geradeauslauf und trotzdem Agilität zu gewährleisten.
Mich würde es interessieren, welche Vorteile / Nachteile so eine verlängerte Schwinge bei einem Schwingengabelmodel hat.
Langer Radstand = guter Geradeauslauf... aber ab und wann will man auch mal eine Kurve fahren oder auch zwei nacheinander, da ist der tolle Geradeauslauf vlt. hinderlich, wenn es um Agilität geht.


moin,
ach du hast auch immer den Deibel vor. Das Seitenrad bekommt dadurch auch einen größeren Vorlauf, das ist bei schweren SW oder ebensolchen Passagieren nicht uninteressant. Sauer setze einst 50mm ein. Das Hinterrad wird aber dadurch theoretisch auch leichter. W minus Integr (pi durch DeltaY mal Boppes zum Quadrat). ;)
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon Auetaler » 26. Mai 2021 12:44

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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon g-spann » 26. Mai 2021 14:59

Crazy Cow hat geschrieben:...Das Seitenrad bekommt dadurch auch einen größeren Vorlauf, das ist bei schweren SW oder ebensolchen Passagieren nicht uninteressant. Sauer setze einst 50mm ein. Das Hinterrad wird aber dadurch theoretisch auch leichter. ...

Hm, ich hab immer gedacht, bei größerem Seitenradvorlauf hat man eine höhere Kippsicherheit in Linkskurven...machen dann wahrscheinlich in der Praxis die geänderten Hebelverhältnisse, dass man das "theoretische Leichterwerden" des Hinterrads nicht merkt, oder?
Gruß aus dem Niederbergischen,
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon Crazy Cow » 27. Mai 2021 03:41

g-spann hat geschrieben:
Crazy Cow hat geschrieben:...Das Seitenrad bekommt dadurch auch einen größeren Vorlauf, das ist bei schweren SW oder ebensolchen Passagieren nicht uninteressant. Sauer setze einst 50mm ein. Das Hinterrad wird aber dadurch theoretisch auch leichter. ...

Hm, ich hab immer gedacht, bei größerem Seitenradvorlauf hat man eine höhere Kippsicherheit in Linkskurven...machen dann wahrscheinlich in der Praxis die geänderten Hebelverhältnisse, dass man das "theoretische Leichterwerden" des Hinterrads nicht merkt, oder?


Bei nem schweren Seitenwagen wird ja auch das Hinterrad schwerer und der längere Vorlauf tut dem Gewicht und der Stabilität gut. Länge läuft.
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon W-L » 27. Mai 2021 14:50

Kenu möchte mit seinem Post wissen, welche Vor- und Nachteile mit einer Verlängerung der Hinterradschwinge verbunden sind. Die praktischen Auswirkungen kann man jedoch nur feststellen, wenn man zwei baugleiche Gespanne, die sich nur in der Schwingenlänge voneinander unterscheiden, mit einander vergleicht. Da dies nicht möglich ist, nachstehend ein kleiner Exkurs in die Gesetze der komplizierten Fahrphysik eines Gespannes.
Vorweg schicken möchte ich, dass einige Modelle der damaligen Gespannmotorräder Hinterradschwingen besaßen, die sehr verwindungsfreudig waren. Verdrehungen um mehrere cm (bezogen auf die Radaufstandsfläche) waren keine Seltenheit. Schwingen dieser Bauart wurden für den Gespannbetrieb entweder verstärkt oder durch stabilere Ausführungen ersetzt. Bei einer Neufertigung bot sich dann eine Verlängerung an, um bei gleichem Aufwand (bei Motorrädern mit Kettenantrieb) einen längeren Radstand zu erhalten. Mit dem Aufkommen der Monoleverschwingen (ein Federbein vor oder neben dem Hinterrad) verschwand das Stabilitätsproblem fast gänzlich.
Vorweg schicken möchte ich auch, dass die Auswirkungen einer Schwingenverlängerung z.T davon abhängig sind, ob man sie an einem bestehenden Gespann oder bei einem Gespannneuaufbau realisiert. Meine Ausführungen beziehen sich auf die Schwingenverlängerung eines bereits bestehenden Gespannes.
Verlagert man das Hinterrad nach hinten (z.B. um ca. 50 mm) positioniert man dort auch die ungefederte Masse des Hinterrades (ca. 25 kg) und die eines Teils der deutlich schwereren Schwinge (ca. 5 kg). Der Gesamtschwerpunkt des Gespannes verschiebt sich dadurch um wenige mm in die gleiche Richtung. Die Kippneigung des Gespannes in Linkskurven wäre minimal geringer. Die Hinterradlast erhöht sich durch einen Gewichtsanteil der verstärkten Schwinge, die Vorderradlast nimmt aufgrund des geringfügig größeren Abstandes zum Schwerpunkt minimal ab. Diese Veränderungen in Verbindung mit dem längeren Radstand würden, isoliert von anderen Veränderungen betrachtet, bewirken, dass Lastwechsel (bechleunigen, verzögern, bremsen) unter gleichen Betriebsbedingungen tendenziell den gespanntypischen Rechts-/ Linksdrall mindern, da am Vorderrad der Ein- und Ausfederungseffekt geringfügig reduziert auftritt. Dieses würde sich wiederum vorteilhaft in einer geringeren Sturzänderung des Motorrades zeigen. Der eingestellte Maschinensturz und seine Veränderungen sind besonders wichtig für die Richtungsstabilität des Gespannes (je geringer die Änderung, je besser).
Die Schwingenverlängerung vergrößert den Radstand um ca. 3 %. Eine Wirkung auf die Kurvenagilität wird mit dieser geringen Änderung kaum feststellbar sein.
Mit der Schwingenverlängerung vergrößert sich leider aber auch der Vorlauf des Beiwagenrades. Im genannten Beispiel beträgt diese Änderung ca. +12 %. Sie bewirkt bei Lastwechseln eine deutlich stärkere Sturzänderung des Motorrades als vorher beschrieben, mit der Folge, dass die Richtungsstabilität bei Lastwechseln schlechter wird. Bei einem Gespannneuaufbau kann dieser Nachteil durch eine entsprechende Auslegung des Vorlaufs vermieden werden.
Vom Beiwagenrad induzierte seitliche Störeinflüsse wirken sich durch den verlängerten Radstand bei Konstantfahrt weniger aus und führen zu einem verbesserten Geradeauslauf (Länge läuft).
Durch das Zurücksetzen des Hinterrades verlängert sich der Kettenstrang und neigt stärker zum Peitschen. Hierdurch erhöht sich der Kettenverschleiß.
Gruß Walter
Zuletzt geändert von W-L am 27. Mai 2021 17:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon Mönch » 27. Mai 2021 15:02

Danke für die ausführliche Erklärung, Walther.

Gruß
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon Crazy Cow » 27. Mai 2021 17:14

W-L hat geschrieben:Verlagert man das Hinterrad nach hinten (z.B. um ca. 50 mm) positioniert man dort auch die ungefederte Masse des Hinterrades (ca. 25 kg) und die eines Teils der deutlich schwereren Schwinge (ca. 5 kg). Der Gesamtschwerpunkt des Gespannes verschiebt sich dadurch um wenige mm in die gleiche Richtung.
Gruß Walter


Hallo Walter,
bei allem Respekt: wird der SW konventionell angeschlagen und die Hinterradschwinge verlängert, vergrößert sich die Entfernung des Schwerpunktes durch Fahrer und SW zum Latsch des Hinterrades. Wir können darüber streiten, ob dieser Effekt größer, gleich oder kleiner ist als die Gewichtszunahme des Hinterrades auch Schwingenverlängerung, die im Wesentlichen in der Nähe der Schwingenlager und damit des Schwerpunktes stattfindet. Tatsächlich wird die Maschine durch diese Maßnahme kopflastiger, was aber beim Bremsen und in der Linkskurve durch den längeren Vorlauf des Seitenrades relativiert wird.
Den fragwürdigen Erfolg der Hinterradschwingenverlängerung sehe ich denn auch darin, dass die Führungsqualitäten des Hinterrades nicht zunehmen.
Erhöhte Lastwechselreaktionen durch langen Vorlauf kann ich nicht bestätigen, (ich habe ja den Vergleich aus jetzt vier Gespannen) zu jedem Vorlauf gibt es die passende Vorspur.
Gute Fahrt, Gruß
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon W-L » 27. Mai 2021 17:44

Olaf,
ich habe nicht geschrieben, dass allgemein ein großer Vorlauf die Lastwechselreaktionen erhöht. Meine Ausführungen beziehen sich -und so habe ich es auch extra angemerkt- auf den Einbau einer längeren Schwinge bei einem bereits bestehenden Gespann. Wurde das Gespannfahrwerk von vornherein auf einen längeren Vorlauf ausgelegt, sieht die Sache ganz anders aus. Meine Gespannumbauten fahren z.B. mit Vorlaufwerten von 420 mm bis 450 mm, je nachdem welcher Radstand und welche Spurweite das Gespann haben wird.
Gruß Walter
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon xx_sidebike » 28. Mai 2021 08:11

W-L hat geschrieben:... Die praktischen Auswirkungen kann man jedoch nur feststellen, wenn man zwei baugleiche Gespanne, die sich nur in der Schwingenlänge voneinander unterscheiden, mit einander vergleicht. Da dies nicht möglich ist, nachstehend ein kleiner Exkurs in die Gesetze der komplizierten Fahrphysik eines Gespannes. ...

Das kann man je nach Motorradmodell durchaus vergleichen. Bei Maschinen mit Zweiarmschwinge aus Kastenprofilen besteht die Möglichkeit die original Radaufnahme gegen verlängerte Einsätze zu tauschen und so den Radstand zu vergrößern. Das wird für bestimmte Motorräder auch kommerziell angeboten - hauptsächlich für den Streetfighter Bereich. (Stichwort Schwingenverlängerung / swingarm extension)
Fraglich ist aber, ob das auf Dauer die Querkräfte im Seitenwagenbetrieb aushalten würde.

Gruß
Jens
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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon kenu » 31. Mai 2021 19:54

Danke für Eure Kommentare und die ausführliche Beschreibung von Olaf und Walter.
Es ist interessant zu hören, was die Theorie und auch Praxis so hervorbringt.
Die Änderung am Vorlauf könnte sich wirklich bemerkbar machen. Bis jetzt bin ich mit dem Geradeauslauf und Spurstabilität sehr zufrieden. Nur ab 180kmh kommt etwas Unruhe ins Fahrwerk. Das versuche ich mal mit neuen Dämpfern zu kompensieren. Meist fahre ich aber nicht so schnell. :dumm:
Der Sturz am Motorrad nervt auch ein wenig, diese schiefe Sitzen ist nicht meins. Aber es trägt ja anscheinend zur Spurstabilität bei.
Letztens konnte ich ein Gespann mit Walters "Schenkellenkung" bei einem selbstgebauten R 1150 Gespann fahren, die Kräfteverhältnisse waren merklich anders. Wenn ich mal so alt bin wie mein Cousin, brauch ich auch so etwas. :bart:
Gruss

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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon kenu » 31. Mai 2021 19:57

xx_sidebike hat geschrieben:...Bei Maschinen mit Zweiarmschwinge aus Kastenprofilen besteht die Möglichkeit die original Radaufnahme gegen verlängerte Einsätze zu tauschen und so den Radstand zu vergrößern. Das wird für bestimmte Motorräder auch kommerziell angeboten - hauptsächlich für den Streetfighter Bereich. (Stichwort Schwingenverlängerung / swingarm extension)
Fraglich ist aber, ob das auf Dauer die Querkräfte im Seitenwagenbetrieb aushalten würde.

Gruß
Jens


Das habe ich mir im Netz angeschaut. Verrückt was es alles gibt. Ich persönlich würde die Verlängerung auch solo nicht fahren :smt009
Gruss

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Re: Hintere Schwinge verlängern

Beitragvon Aynchel » 1. Juni 2021 16:50

die sind ja auch nicht zu Fahren da, sondern zum Burnen
die verlängerte Schwinge entlastet das Hinterrrad, erleichtert den Schlupf und reduziert die Weele Gefahr

die reduzierte Radlast sehe ich als Problem beim Gespann
leistungsstarke Gespanne haben bei hoher Geschwindigkeiten eh schon Schlupf am Hinterrad
das wird durch die lange Schwinge noch schlechter
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