SideBike Fahrwerke haben einen Querstabilisator. Haben MZ Fahrwerke auch. Betrachtet man aber nun die verbauten Komponenten und Einstellvorgaben von SideBike, kommt man zu dem Schluss, dass der SideBike Stabilisator genau die umgekehrte Funktion des MZ hat.
Normal federt bei einem Gespann in der Linkskurve das Seitenrad tief ein, der Stabilisator trägt dazu bei, dass das Hinterrad dies gleichzeitig tut, so dass Schräglage und Kippmoment reduziert werden. Auch wird bei der MZ die sehr elastische Schwinge des SW Rades stabilisierend mit dem Hinterrad gekoppelt.
SideBike Fahrwerke nach den ersten XS1100 haben aber vor allem auf moderne japanische Moped-Fahrwerke mit langen Hinterradschwingen und solchen aus Alu ein zu gehen. Alle stabilisierenden Vorkehrungen, die normal ein Gespannbauer zu treffen hat, hat man offensichtlich versucht, in einer Seitenwageneinheit zu treffen, alle Fliegen mit einem Streich zu fangen.
Das kurze Federbein im SW hat nur einen Hub von 45 - 50mm, liegt aber obendrein schräg, sagen wir 45 Grad, so dass nur ein Radfederweg von gut 30 - 40mm übrig bleibt. Eine solch extreme Federung muss leider hart sein. (vgl. Morgan +8) Dadurch bleibt der erwartete MZ-Effekt bei Querrillen aber eben auch aus: Seitenrad taucht ein, Hinterrad ein bisken, dann taucht das Hinterrad ein, Seitenrad ein bisken.
Stattdessen reagiert das SideBike ohne Passagier eher so:
Seitenrad springt, weil Federung viel zu hart und Luftdruck nur 1,5bar, Hinterrad reagiert nicht, weil die Seitenradfederung nicht anspricht. Dann taucht das Hinterrad ein, das Seitenrad leicht, die org. Mopedfeder wird durch den Stabilisator und die Seitenradfeder verstärkt. Bei meinem Kyrnos werden Querrillen also leider nicht wie in einer Sänfte geschluckt, sondern es folgen viele Stöße in kurzer Folge.
In der Linkskurve spürt man dann die Vorteile der Konstruktion: Seitenrad taucht nur wenig ein, Hinterrad auch ein wenig, kaum Neigung. Rechtskurve genauso: taucht das Hinterrad ein, neigt sich auch der SW zunächst nach rechts, (bevor er abhebt ) Interessanterweise spürt man den Übergang überhaupt nicht. Kein "Schrecklenken".
Vor allem aber wird eine lange Hinterradschwinge der Zugmaschine in Kurvenfahrt gut stabilisiert, weniger Verwinden, weniger Materialermüdung, weniger Kettenfluchtprobleme, weniger Beeinträchtigung der Kardanlagerung usw.
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Der Kerngedanke eines SideBike Fahrgestelles ist also nach meiner Überzeugung, die Zugmaschine bis auf die Räder und die Vorderradführung möglichst unverfrickelt und original zu belassen, auch wenn das Fahrzeug zunächst mal einen ganz anderen Eindruck macht. Alle für den SW Betrieb nötigen und sinnvollen Änderungen werden in den Aufbau rechts vom Fahrer gepackt.
Dennoch bleiben ja o.e. Verbesserungswünsche offen. Gerade der Familienaspekt, oder alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern will nicht so recht zu dem sehr sportlich abgestimmten Fahrwerk passen. Dazu gibt es allerlei White-Power Zeugs, aber bitte: Wenn auch Federung und Dämpfung sensibler ein zu stellen sind, ändert das doch nichts an dem kurzen Federweg des Seitenrades und der dadurch nötigen Federhärte.
Zunächst müsste also entgegen der SideBike Philosophie die Hinterradfederung deutlich "versportlicht" werden, um die SW Federung zu entlasten. Genau da gehen aber andere Gespannbauer und auch Fahrer etwas sorglos an das Thema heran: Der unverstärkte Motorradrahmen bzw. die Umlenkung müssen das auch ertragen.
Im nächsten Schritt könnte ich mir zur Komfortverbesserung vorstellen: Front- und SW Federbein, etwas länger, weicher aber progressiv gewickelt, von aussen einstellbare Federhärte (Gas oder Luft) nicht jedoch einstellbares Niveau. Das braucht man bei 30-40mm nicht. Aber negativer Federweg ist schon angenehm.
Bis dahin scheint es mir tatsächlich ratsam, der BA folgend mit mind. 30kg Ballast zu fahren. Mähdrescherbatterie im SW verbauen? Und vorne die Flutlichtbeleuchtung für eine Goldwing?