Hallo HaJochen,
Deine Anfrage habe ich sehr interessiert gelesen. Ich selbst habe im Sommer 2009 intensiv nach einem Goldwing-Gespann gesucht und dabei etliche Angebote im Deutschland und im europäischen Ausland gefunden. Schließlich habe ich dann das günstigste Angebot gekauft, das ich in gutem, unmittelbar fahrbarem Zustand und familientauglicher Ausstattung bekommen konnte (GL 1500 mit EML-GT 2000 und Schwingengabel, Bj. 1988, 80.500 km, etwas Chrom, 6er CD, AHK, 56l-Zusatztank, Verschleißteile ok, Zustand so 2-3, unter 10.000 €).
Die Preisspanne der damaligen Angebote bewegte sich von 7.500 € (privat für ältere Baujahre und z.T. unmittelbar reparaturbedürftige Gespanne) bis zu 26.400 € (für einen frischen Gespannumbau von einem Gespannhändler). Das Gros der Angebote lag dabei zwischen 10.000 und 15.000 €. Den Preisspiegel der damaligen Angebote habe ich aufgehoben. Falls daran jemand Interesse hat, sende ich ihn gern per PM als PDF zu.
Ich möchte zunächst Moorbiker beipflichten: Die Goldwing als Zugmaschine macht das Gespann zu etwas „Besonderem“: Für die Goldwinger (= „Lämpchen- und Chrom-Schnickschnack-Liebhaber“) sehr interessant, für andere Gespannfahrer dagegen vielleicht wegen der fehlenden speziellen Vorderradführung einfach nur ein „wahlweises Gespann auf Einbauküchen-Basis“. Als Goldwing-Freund möchte ich sagen: Unter den Angeboten auf GL 1500-Basis gehört Deines zweifelsohne zu den „Sahnestückchen“. Guter Zustand, geringe Laufleistung, stimmiges Konzept und tolle Gesamtausstrahlung. Zusätzlich lassen die Farbe, das Baujahr und die gute Ausstattung die Preisnadel nach oben schnellen. (Zweifarbig im beliebten candy-red, SE-Modell, 20er Jubiläums-Edition mit allen zugehörigen Buttons etc., reichhaltiges, in sich stimmiges Chrom-Zubehör, Klarglaslicht usw.). Hinzu kommt eine passende Ausstattung für ein reisetaugliches Familiengespann (üppiger Doppel-Sitzplatz im Beiwagen, guter Allwetterschutz für die Passagiere, mehrere Gepäckträger, Navi, Interkom usw.). Geradezu obercool ist der elektrisch liftbare Beiwagen... („Wat nicht allns gefft!“, secht wie op platt.) Ich denke, das könnte einen Aufschlag von 2.000-3.500 € gegenüber dem Basispreis für ein gebrauchtes GL-Gespann bringen.
Ferner sprechen für Dein Gespann der gute Wartungszustand und die Historie: Praktisch sämtliche Verschleißteile etc. sind frisch gewechselt worden. Und ein „Garagenfahrzeug-Verkauf aus Zeitmangel“ bedeutet ja, daß das gute Stück sozusagen „hauptberuflich geschont wurde“. Das macht sicherlich nochmal 1.000-2.000 € Aufschlag aus.
Gegen unseren geliebten Hobel spricht allerdings, daß die Konstruktion immerhin schon von 1988 stammt, als man von ABS, Katalysatoren, Benzineinspritzungen, Treibhausgasen und Elektroantrieben noch nicht so viel wissen wollte. Mit anderen Worten: Allmählich wird unser Barockschlößchen zu einem „in die Jahre gekommenen, technisch zunehmend überholten Liebhaberstück“. Und dafür gibt es leider nicht sooo viel Käufer... Vielleicht muß man warten, bis die GL 1500 jene Youngtimer-Kurve erreicht, die man jetzt bei der GL 1000 beobachten kann: Dort scheinen die Preise für guterhaltene Stücke ja wieder anzuziehen....
Nun mal alternativ zu der Frage, wie viel es kosten würde, ein solches Gespann selbst zusammenzustellen. „Normale“ GL 1500-Solomaschinen werden derzeit ab ca. 4.500 € angeboten, und selbst für guterhaltene, jüngere Exemplare in schöner Ausstattung scheint ab 7.500 € eine deutliche Kaufhemmung spürbar. Würde man also eine solche Solomaschine zum Gespann umbauen, so müßte man für einen guten gebrauchten Beiwagen inkl. Lack sicherlich um 2-3.000 € rechnen und für den Umbau in der Fachwerkstatt sicher noch mal ca. 3-7.000 €. Die Addition der Einzelpreise ergibt also im günstigsten Fall (4.500 + 2.000 + 3.000) = 9.500 €, im teuersten Fall (7.500 + 3.000 + 7.000) = 17.500 €. Das entspricht recht gut der Preisspanne für Komplett-Angebote: Ab ca. 9-10.000 € geht es los, und bei 17-18.000 € ist allmählich das Ende der Fahnenstange erreicht.
Wie gesagt: Der „unterste Preis“ für ein GL1500-Gespann scheint derzeit bei 7.500/8.000 bis 9.000 € zu liegen (wobei die 7.500 € wirklich nur für mager ausgestattete „B-Exemplare“ oder welche mit sofortigem Reparaturbedarf zu gelten scheinen). Rechnet man die obigen Aufschläge für Dein „Sahnestück“ hinzu, so wären wir im günstigsten Fall bei (8.000 + 2.000 + 1.000) = 11.000 € und im besten Fall bei (9.000 + 3.500 + 2.000) = 14.500 €.
Dies liegt zugegebenermaßen recht deutlich unter Deiner Preisvorstellung. Aber es ist nun mal die Antwort des Marktes auf die „Wertvorstellungen“, die wir als Besitzer eines solchen ebenso schönen wie alten Stückes haben... Da heißt es einfach, beim Verkaufen Geduld zu haben. (Mein Eindruck: Exemplare bis 10.000 € sind nach kurzer Zeit weg. Solche über 15.000 € dagegen werden z. T. seit einem Jahr annonciert.)
Als ich übrigens damals für mein Gespann nach einer Versicherungsmöglichkeit suchte, wurde mir zur Teilkasko-Wertermittlung ein „Classic-Data“-Kurzgutachten empfohlen. Kostet wohl inkl. Mwst. so um die 130 € und gibt – jedenfalls bei Oldtimern – meist für den Eigentümer einen recht „wohlwollenden“ Wert aus. Von diesem Wert dann noch mal 10-15% runter – das sollte ein erzielbarer Verkaufspreis sein.
Annonciermöglichkeiten in Deutschland: Ebay, Mobile sowie lokale Verkaufs-Plattformen (Quoka, Zweite Hand, Kijiji/Ebay Kleinanzeigen, heißer Draht (dhd24.de) usw...)
Angebote in Frankreich: leboncoin.fr, dort am besten die landesweite Suche ("en toute la france") in der Rubrik "Motos" mit den Suchbegriffen "side", "sidecar" oder "side-car".
Angebote in Holland: marktplaats.nl, Suchbegriff "Zijspan".
Angebote in der Schweiz: motoscout24.ch.
Also - viel Glück und Erfolg beim Verkauf! Und wenn Du andernfalls das schöne Stück „bis zur Rente“ behältst, so ist es gewiß nicht die falscheste Entscheidung..
Triwinger