
es gibt hier nicht nur pinke Allradler wie von Markus, sondern auch rote Flundern...

Heute hab ich es endlich geschafft, bevor nächste Woche hier doch Frost (und damit Salz auf die Straße) kommt, den Lambo meines Kumpels von Hannover in seine heimische, wohltemperierte Tiefgarage zu überführen.
Ist auch so gesehen erst mal der Abschluss meiner Aktivitäten auf der Straße – danach muss ich mich dann längere Zeit um mein Haus und ganz andere Dinge kümmern.
Wird nochmal ne geile Fahrt, so als High Light vor dem Winterstress hier – dachte ich.

Das Ding ist mir ja eigentlich vertraut, auch wenn ich das letzte Mal vor über 10 Jahren damit unterwegs war.
Egal , Wetter war heute toll, schön warm, Straße trocken, wenig Verkehr, also schnell ins Taxi und dahin gedüst.
Mit an Bord war die aktuelle Maus meines Kumpels, dem der Lambo gehört.

Bildschön, knackig braun, topgestylt - aber leider suppendoof.

Die Maus, nicht der Kumpel.
Eine Unterhaltung mit ihr war schlicht unmöglich, wäre vielleicht per SMS gegangen oder so.
Vom Alter würde ich meinen, wenn sie sich gut führt, dürfte sie in den nächsten Jahren die Volljährigkeit erreicht haben – zumindest im Perso, nicht geistig.

Zwei Handys am Ohr angewachsen, aber nicht in der Lage einen kurzen Satz fehlerfrei zu formulieren.

Als wir dann in der Firma ankamen, traf mich der erste Schlag.

Lambos (die alten Countachs) haben mit Gespannen eine Gemeinsamkeit: Man darf NIEMALS so einparken, dass man das Ding rückwärts aus der Parklücke rausschieben müsste.
Aber genau so haben die Werkstattfrösche das Ding vor die Halle gestellt, links und rechts andere Blechdosen und mit der Schnauze an der Hallenwand.
Super..!!!

Wer schon mal so ein Ding gefahren hat, kennt natürlich die Prozedur des Ausparkens. Also Flügeltür hoch geklappt, dann rittlings auf den Türholm setzen, damit man außen sitzend überhaupt nach hinten sehen kann, und dann mit den Beinen vorsichtig mit Gas und Kupplung jonglierend das Ding aus der Lücke bugsieren.
Schaf denkt sich, ach, was solls, kenne ich ja noch von früher.

Also Tür hoch und mit einem eleganten Schwung in die Schüssel gehopst – und bums, lag ich draußen vor dem Lambo, die Beine steckten innen im Fußraum.

Hatte ganz vergessen, diese gewisse Drehung aus der Hüfte zu machen, ohne die man gar nicht in den Eimer reinkommt. Das Alter halt..

Gibt auch noch andere Autos, die so kompliziert zu entern sind, der alte Benz Flügeltürer und besonders der McLaren F1 sind ähnlich schwer zu besteigen.
Sah bestimmt echt Scheiße aus, die haben sich da auf dem Firmenhof gebogen vor Lachen. Dabei ist es eigentlich doch unanständig einen älteren Herren auszulachen, oder??!!

Also, keine Blöße zeigen und neuer Versuch, diesmal klappte es dann.
Die Maus meines Kumpels kriegte das Manöver übrigens sehr schnell und elegant hin, offenbar ist die schon öfter in der Kiste drin gewesen..
Fragt sich nur wozu, denn fahren tut meine Kumpel so gut wie nie mit dem schönen Teil, aber ist ja zum Glück nicht meine Baustelle.
Als ich dann drin saß, schnell angekettet, Schlüssel umgedreht zwei Anlasserumdrehungen und dann…
Boahhh…





Wem dann nicht alle Haare zu Berge stehen, der ist definitiv tot.

Dieses 12-Zylinderröhren ist wirklich noch mal eine ganze andere Nummer als meine KingKong oder so ein AMG V8-Gebrabbel.
Also brav winkewinke gemacht, Kupplung getreten und los.
Nanu, was ist das?

Die Kupplung klemmt. Ich denk, das Ding war hier zur sauteuren Inspektion. Gibt es doch nicht, da bewegt sich nichts.
Die haben Mist gebaut.
Kurz nachgedacht.
Ach so, ja, die ging ja immer so schwer. Also nochmal richtig rein gestemmt, Luft angehalten, freundlich gegrinst, damit keiner sieht, dass das Schaf dabei aus dem letzten Loch pfeift – und tatsächlich, die Kupplung bewegt sich.

Meine Güte, bin ich doch schon so schlappig geworden????

Früher hab ich auf der Nordschleife darauf rumgetanzt ohne mich überhaupt irgendwie anzustrengen.
Das kann ja heiter werden.
Also Gang rein und vom Hof getuckert.
Mist, die Lenkung ist eingerastet. Ach Du Scheiße.

5 cm vor dem Werkstatttor, habe ich sie dann doch noch bewegen können – ach ja, hat ja auch kein Servo nicht.
Meine Güte, waren wir früher aber sportlich.

Dann vorsichtig los mit dem sündteuren Exoten, nach einigen Kilometern ging es auch einigermaßen flüssig.
Immer noch das BESTE an diesem Tier ist der Sound.



Unbeschreiblich, was da losgeht, wenn man die Gänge ausdreht und auch beim Zwischengas.
Ja, aber das fahren....

Dass das Ding keinen Fehler verträgt, weiß ich ja von früher. Wer sich mit den Countachs in der Kurve vertut, zerlegt die auf der Stelle. Vom Gas gehen, wenn die Linie mal nicht passt, ist schlicht unmöglich. Die alten Lambos drehen sich, dank Mittelmotor, blitzartig ein, schnelles gegenlenken ist wegen der sehr schwergängigen Lenkung nahezu unmöglich.
Also immer schön zeitig bremsen und lieber eckig aus dem Knick kommen, und dafür mit ordentlich Gas, den Drift an der Hinterachse kann man einigermaßen aussteuern – wenn es trocken ist.
Bis zur Autobahn waren es nur ein paar Kilometer, bis dahin waren dann auch Lambo und Schaf warm – und die Maus schwer mit dihren bunten Eierphonen beschäftigt.

Also in die Autobahneinfahrt - und nächstes Problem.
Man sieht NICHTS!

Kein Witz, die Sicht seitlich und nach hinten ist wirklich NULL. (die gleiche Scheiße wie beim ausparken)
In den Seitenspiegeln sieht man nur die beiden riesigen Lufthutzen, im Rückspiegel die Motorabdeckung.
Früher gab es unter Lambofahren in solchen Situationen den „grandiosen“ Tipp: Einfach in der Einfädelungsspur voll beschleunigen und am Ende nach links in die rechte Autobahnspur wechseln.
Nach menschlichem Ermessen kann niemand schneller von hinten kommen, als das Tier beschleunigt, das passt dann schon.

Bei mir ist dieser tolle Tipp damals mal fast schief richtig gegangen, weil eben doch einer richtig schnell von hinten kam (morgens um kurz nach 4!!) – nur mit viel Glück gab es kein Kleinholz, aber auf beiden Seiten ungläubige Gesichter.

Also lieber heute mal irgendwie in den fließenden Verkehr reinmogeln. Erster, zweiter, dritter – Einfädelungsspur zu Ende, Tacho steht bei über 200, und links fahren die alle 80...

Wat nu?
Mist.
Also in die Eisen, und irgendwie reingewürgt in die Kolonne.
Dabei festgestellt, dass die Bremsen auch Scheiße sind, verzögern zwar ganz anständig, brauchen aber irre Pedalkraft und sind daher kaum zu dosieren.
Dann endlich freie Fahrt. Also Vollgas, und bald steht die Tachonadel am Anschlag.

Die Maus wird etwas blass, das Schaf kämpft derweil damit, das Lambo-Tier auf der Bahn zu hallten. Mir ist früher nie aufgefallen, was das für eine Arbeit ist, jedes heutige Oberklassefamilienauto fährt dagegen bei Top-Speed mit zwei Fingern geradeaus.
Außer dem ohrenbetäubenden kreischen des offenen V 12 macht da nichts wirklich Spaß.

Aber das war doch früher ganz anders..???!!

Werden Schafe früher alt????




Also in Soltau lieber wieder von der Autobhan runter und Landstraße Richtung Hamburg getuckert, ich kenne die Strecke im Schlaf, da kann man den Lambo dann auch mal laufen lassen.
Ja, und so mit maximal dreiviertel Gas und vielleicht 75% des möglichen Kurvenspeeds geht das dann auch ganz gut vorwärts und macht fast sowas wie Spaß.

Ist dann immer noch sehr schnell, aber vom Gefühl wäre eine beherzt bewegte Oberklasseblechdose wohl doch schneller, vor allen Dingen aber um Welten sicherer.
Von der Maus auf dem Beifahrersitz ist nicht mehr zu hören und zu sehen.



Die Lebenswichtigen Utensilien wie Tablett und Eierphones fliegen seit ner Stunde im Fußraum hin und her und bimmeln und piepen vor sich hin, aber Maus ist damit beschäftigt, sich an irgendwas festzukrallen, was ihr Halt vermittelt.



Wetten, die steigt nie wieder in diese Schüssel ein..

Geht doch.
Besser ist das sowieso, dann hat sie Zeit in Ruhe ihren Hauptschulabschluss zu machen.

Irgendwann waren wir dann in Hamburg angekommen, Tank war leer, 1,5 Liter Öl verbraucht (auf 150 km!!), die neuen Reifen gut „angefahren“, aber alle waren zufrieden.
Den schönen Lambo noch einmal Ei gemacht und dann schnell ins nächste Taxi und nach Hause – mit der Erkenntnis: Alles hat seine Zeit im Leben.

Und solange ich nicht wieder so fit bin, bzw. werde, wie ich es noch vor 10 Jahren war, fasse ich den Lambo nicht mehr an.
Das Ding flott zu bewegen ist wirklich Stress und Schwerarbeit - und steht in keinem Verhältnis zu dem Vergnügen was dann dabei rauskommt – vom latent vorhandenen Risiko, die sündteure Kiste zu zerlegen mal gar nicht gesprochen.

Da ziehe ich heute doch jede Gespannfahrt vor, selbst auf einer Emme oder einem Russengespann.
Trotzdem komisch, es war ja in den 80er und frühen 90ern wirklich eine richtig geile Zeit, mit diesen Autos, und den Kumpels die sowas hatten (die fahren heute aber fast alle mit dem Bus und leben von Herrn Hartz seinem Vier, komisch oder?).
Aber vorbei ist vorbei – Ade Du schöner LP 5000, waren trotzdem schöne Zeiten im Leben mit Dir.
Und eine Augenweide ist er natürlich trotzdem immer noch. Design von Anfang der 70er, aber wirkt noch heute, wie von einem anderen Stern.

Zu Hause angekommen ist ein guter Freund zufällig da.
Einer von uns!

Auch echter GANZJAHRESFAHRER!

Sein Fahrzeug: Honda CB 750 Four, K2.
Solo.
Hat er seit 1973!!!!!
Und fährt damit seit dem JEDEN Tag, Sommer und Winter! Zur Arbeit, in Urlaub nach Korsika, hier hin und dort hin.
Kein Witz.
Seit 40 Jahren dasselbe Moped!!!

Die Kiste sieht aus, wie aus dem Teich gezogen, der dritte Motor drin, die 5 Auspuffanlage dran (4 in 4 original) der ganze Rest sicher mehr als 1.000.000km (eine Million Kilometer!) gelaufen.
Und läuft!

Ich also gleich den Helm auf die Rübe und mal kurz probiert, wie es mit diesem Moped ist, im Vergleich zum Uralt – Lambo, denn beide Fahrzeuge stammen ja aus derselben Epoche.
Und da ist es wieder, dieses alte, gute Gefühl, alle Bewegungen sind im Gehirn programmiert, alles läuft wie geschmiert und macht einfach nur gute Laune ohne Ende.



Leistung hat seine Four keine mehr, läuft nur noch 165, die Bremsen sind auch mehr Zierde, Sitz durchgesessen, Gabel schlackert, Konis schlagen durch, irgendwie krumm ist sie auch, aber egal.
Was ist das immer noch für ein geiles Moped!

Ich könnte die sofort volltanken und drei Wochen damit nach Südfrankreich düsen – und würde sicher ohne jede Panne und mit ganz breitem Grinsen wieder hier ankommen.
Man, ist das Leben geil….

Aber nun ist die Fahrerei bei mir erst mal Geschichte, jetzt ist monatelang nur noch Tag und Nacht Maloche angesagt – um hier zu retten, was zu retten ist, da wird es auch nichts mit Moped fahren im Winter und so.



Manchmal muss halt auch ein Schaf im Leben Kompromisse machen, und sich den unverrückbaren Gegebenheiten anpassen – auch wenn es ihm von Natur aus sehr schwer fällt.

Aber ich sehe hier trotzdem ab und zu ins Forum rein und freue mich dann über Eure Beiträge und Berichte und Bilder von den Wintertreffen und so, dass hilft mir dann vielleicht ein wenig beim arbeiten im Schnee.

Liebe Grüße und einen schönen Abend vom Schaf mit dem unheilbaren Mopedvirus – und der scheint altersunabhängig zu sein, Gott (Honda) sei Dank.

Schlaft schön, ich habe heute noch mal Nachtschicht – morgen muss ein umfangreicher Schriftsatz für den Landrat fertig sein, grrr-

Liebe Grüße vom Deich und eine schöne Vorweihnachtszeit für Euch – und große Vorfreude auf Eure Wintertreffen.

Willy