Neulich, freitachletzwoch, auch schon wieder ne Weile her, den ganzen Tag am Computer gehockt und denn abends los. Mit die Solo jetz. Macht ja auch manchmal Spazz und ich muss wieder büschen mit üben. Vor drei Wochen im Taunus mit umgefallen.
Freitags´nachmittags ist das so eine Sache, aber bis ich mit der Rangiererei fertig war und das Gespann wieder in der Garage, war es auch eher Freitag abend geworden. Dann kurzen Weg über Dieburg und Klein-Umstadt den Pfad zum nördlichen Zipfel des Odenwaldes genommen, östlich der B45, die die Rhein-Main Pendler stramm ausgelastet bis an den Neckar führt.
Da beginnt praktisch eine endloses Waldstück mit einer Nebenstrecke immer an der hessisch-bayrischen Staatsgrenze entlang. Wohnen auch nur komische Leute da , die bewegen sich nicht viel. Nur wenige und kleine Ortschaften, Waldstücke und Serpentinen. Ist jetzt nicht wichtig für die Geschichte, nur so als Einstimmung.
Bin aber nicht weit gekommen, und das ist jetzt schade nach der langen Einleitung, man könnte das jetzt etwas dramatisieren und ausschmücken, deshalb sag ich mal: ... nicht weit gekommen, schon am Radheimer Berg, der Nomen est Omen bei Fahrradfahrern ebenso beliebt ist wie bei Moppedfahrern, schon am Radheimer Berg Getriebe kaputt!
Nicht meines jetzt, auch nicht das von meinem Motorrad. Nein, es war das Getriebe von so einer Windmühle, Windkraftwerk genannt. Das konnte man nicht hören, auch die Flügel hingen nicht schief, aber der Rotor war ab und unten standen ein paar Leute so zehn bis zwanzig und Technik, mittlere Technologie zwar aber vom Allerfeinsten. Ein Tier "Faun", wie der Lateiner sagt, vierachsig aber mit langem Ausleger, der sich eher handlich und wendig ausnahm gegen den Liebherr LTM 1500. Ein achtachsiges 500t Monster, das noch majestätisch seinen Arm von der Getriebemontage in den Himmel gereckt hatte. Wenn du im Modell oben mit dem Finger gegen ticktest, würde alles umfallen.
Nun kennt man das zwar, man hält mal bei so einem Windspargel, der hat unten eine ganz normale Tür, durch die man (andere halt) die Leiter nach oben besteigen dürfen. Man schaut hoch und weiß, das sind irgendwie 100m aber sonst macht man sich halt keine Vorstellungen.
Der Rotor lag nun auf der Wiese und aus der Nabe kletterte ein menschliches Wesen, das gerade mit einer Flex etwas Rost von der "Führung" abgetragen hatte, damit es beim Zusammenbau wieder ordentlich flutscht. Die Rotorblätter zeigten je zwanzig Meter in die Landschaft und irgendwie war man schon zu faul, drum herum zu laufen.
Zwei Helfer brachten sich nun in Position mit je zwei Leinen, wie Lenkdrachenflieger und das Schauspiel begann. Es war windstill, die Sonne im Rücken und alles wie es sein soll. Im Nachhinein muss ich sagen, lassen sich die Dimensionen des Windrades im Normalfall ebenso wenig einschätzen, wie die Geschwindigkeit, mit der der Rotor empor gezogen wurde. Es sah langsam aus. Kein Auspendeln, nur ein Ausrichten wie eine magische Levitation, aber das ganze dauerte eben nicht wirklich lang, vlt. zehn Minuten und es waren schließlich so etwas wie 100 Höhenmeter zu überwinden. Als der Vorgang fast beendet war erschienen oben auf dem Balkon, der Dachterrasse des Generators wiederum zwei menschliche Gestalten, deren Anblick die Geschichte mit den 100m nur bestätigte. Hätte einer von ihnen die Hand gehoben, wäre ihm der Applaus der Zuschauer sicher gewesen. Es klappte gut mit dem Aufstecken der Nabe auf den Wellenstumpf des Getriebes. Ein blanker Stummel, der aus dem Generatorhaus hervorlugte, aber eben gut zwei meter im Durchmesser und einen knappen meter lang. Das war nun für die Zuschauer auch nicht mehr wirklich erkennbar, wohl aber der Auftritt des Turners. Denn der Nabendeckel, der vorhin noch auf der Erde gelegen hatte öffnete sich in der Weise, dass er neunzig Grad herunterklappte und unserem Artisten eine Bühne für seinen Auftritt, den Einstieg ins Nabenhaus bot. Natürlich waren bei den Ameisenmenschen oben aufgrund der Größe keine Lifebelts oder sonstige Sicherungsmaßnahmen zu erkennen aber flugs war einer wie Spiderman auf den Deckel gelangt und ging einfach in die Nabe hinein. Wieder kein Applaus.
Ich war inzwischen zu einem der Drachenflieger gegangen, der gerne zu einem Smalltalk bereit war und verfolget das weitere unterstützt durch ein banales Walkie - Talkie, das er am Gürtel trug. Er war sehr zufrieden mit seinem Job, war viel rum gekommen und erklärte mir Grund und Aufwand der heutigen Reparatur. Im Talkie hörte man einen Schrauber schnarren. Ich machte mir noch Gedanken, wie der wohl angetrieben war, Strom oder Pressluft, als nach etwa 10 von vlt. 80 Schrauben der Lautsprecher quäkend vermeldete: "Sagt den Helfern, sie können die Seile jetzt los lassen".
Sehr beeindruckend das Ganze. Ein Motorradfahrer kam noch eilig auf die Wiese gebraust und während ich noch dachte: "Ist wohl 'n büschen spät dran für die Vorstellung" war er schon zu seiner Liebsten weiter hinten in sicherem Abstand geeilt und fragte: " Unn, hast du Fodos gemacht?"
"Nö, für was' n?
"Ohhh Mann", war seine Antwort.
Ich habe mich dann von meinen Gesprächspartnern verabschiedet und war irgendwie froh auch keine Fotos gemacht zu haben. Die können nur zeigen was war, aber nicht, welchen Eindruck sie auf den Fotofierenden hinterlassen haben.
Dazu bräuchte man Fotos von deren Gesichtern.