Egal. Ich meine nur, die Architekten müssten vertraglich verpflichtet werden, einen Monat lang ihr Machwerk mit dem eigenen Wagen zu benutzen.
Dann auf, mit der Büffelherde Richtung Kaufpaläste getrappelt.
Ich sagte zu Christine, meiner Holden, dass ich gut verstehen könne, warum die New Yorker sich über die Europäer aufregten, die zu Weihnachten ihre Stadt zu Shopping-Zwecken bevölkern. Wir mussten beide lachen. Wir haben beide allgemein ein Ziel, wenn wir uns fort bewegen, soviel Einigkeit besteht dann doch.
Im ersten Palast begrüsste uns auf einem Citylight-Poster lächelnd und überlebensgross ein hübsches Model in Unterwäsche.
"Hallooo!" sagte ich, "neunzehn, bitte siebenunddreissig" entgegnete eine Stimme. Es kam mir irgendwie vertraut vor, aus der Zeit, als ich noch allein einkaufen ging. Ist auch schon wieder gute 25 Jahre her, aber manche Dinge ändern sich trotz revolutionärer Entwicklung in der Kommunikationstechnik eben nie.
Meine Frau suchte sich ein paar Pullover aus, ich bestätigte vorsichtshalber ihre Entscheidungen. Bei Einigkeit gibt´s allgemein keine Diskussion. Während sie an der Kasse anstand, ging ich schon mal zu den Lederjacken. Meine ist wirklich nicht mehr schön, aber das macht ja eine solche gerade erst reizvoll. Sie ist erst 16 Jahre alt und eigentlich noch gut. Nur das Futter macht seinem Namen alle Ehre, es sieht aus wie Pferdefutter oder als hätten die Mäuse dran gefuttert. Und der Reissverschluss geht auch schon nicht mehr.
Die Wahl war nicht leicht, es gab nur besonders kleine und besonders grosse Grössen. Die besseren hatten zwei Reissverschlüsse. Übereinander, ohne Aufschlag. Sie liefen nicht besser als der an meiner alten Jacke.
"In meinem nächsten Leben werde ich Designer", sagte ich zu meiner Holden als sie dazukam, "und entwerfe Lederjacken."
Irgendwie kam ich zu dem Schluss, dass man für die Modedesigner eine ähnliche vertragliche Bindung vorsehen müsse, wie für die Parkhausarchitekten. Missmutig zog ich dann doch eine an und trat vor einen grossen Spiegel.
Mir wurde schlecht.
Es war nicht nur die Jacke, die mir nicht gefiel. Ich beschloss auf den Kauf zu verzichten, erstmal durch Nahrungsverzicht auf einen Friseurbesuch zu sparen, die Sache mit dem Bauch würde sich auch dabei regeln. Ich will nicht behaupten, dass Christine mir zustimmte. Sie fand es angeblich schade, dass wir nicht gleich etwas Passendes gefunden hatten, aber sie lächelte so seltsam verschmitzt dabei.
