von Crazy Cow » 18. Juli 2014 11:36
Die Gesetzgeber, die Staatsregierungen arbeiten inzwischen voll und ganz wirtschaftsorientiert. Sie betrachten den Staat als gigantisches Wirtschaftsunternehmen. Frau Merkel sprach von "wirtschtafts verträglicher Demokratie" eine sprachliche Perversion, die das ganze Übel zum Ausdruck bringt. Um die steuerlichen Erträge für den Verwaltungswust einigermaßen im Griff zu behalten, kann man sich nicht mehr mit Kleinunternehmen beschäftigen. Gleiches gilt für die technischen Überwachungen.
In der Konsequenz werden Gesetze und Regeln für die Großkunden entworfen, die die kleinen einfach nicht mehr erfüllen können, oder die Kosten nicht weiter geben können wenn sie es tun. Die Folge ist ein Strukturverlust auf ganz breiter Ebene. Das betrifft ja nicht nur die Gespannbauer.
Wenn sich nun einer entschließt, die Bude zu schließen und das habe ich ja selbst hinter mir, kann vor allem die Einsicht, mit heiler Haut oder mit einem blauen Auge aus der Maläse heraus zu kommen, die wesentliche Antriebsfeder sein. Die Perspektive, mit 65 und hoch verschuldet mit fallenden Einzelumsätzen noch ringen zu müssen, setzt nicht nur Optimismus, sondern auch einen gesunden Masochismus voraus. Denn um weiter zu machen brauchst du verlässliche Partner. Banken, die sind nicht verlässlich; Kunden, die inzwischen mit einem Verbraucherschutzgesetz unter dem Arm und festen Preisvorstellungen kommen und einen geordneten, stabilen gesetzlichen Hintergrund, aber gerade der wird in den letzten Jahren immer enger.
Der Staat, früher einfach nur ein Schutzgelderpresser, ist heute reell zu einem unberechenbaren Feind geworden. Per Edikt wird dir einfach ein Teil des Marktes genommen, oder durch Anlegen von gesetzlichen Halsfesseln das Atmen so schwer gemacht, dass du lieber aufgibst. Beispiel: du hast im EU Raum mit einer kleinen etablierten GmbH gar nicht die Chance, zu gleichen Preisen zu produzieren, wie ein Newcomer, den die Arbeitsagentur froh ist los zu werden. Gesetzlich werden nicht bestehende kleine Unternehmen geschützt, sondern ungeübte Betriebsgründer unterstützt.*
Bei den Fahrzeugen ist es ja nicht so, dass man gesetzlich verbietet, Gespanne zu bauen, noch nicht, aber die Auflagen sind eigentlich klar definiert und willst du sie erfüllen, musst du die gesetzlichen Prüfkriterien und die Preisvorstellungen der Prüfinstitute erfüllen. Das geht nur noch in der Serie und das ist von offizieller Seite gewünscht.
Nehmt die Häuslebauerei als Beispiel: jedes Einfamilienhaus soll irgendwie individuell sein, trotzdem ist es für Fertighaushersteller leicht, mit immer dem gleichen Bauantrag und den gleichen statischen Berechnungen oder einer amtlichen Bauartprüfung die Preise für ein individuell gebautes Haus um die Hälfte zu unterlaufen. Die letzten kleinen Bauunternehmer der alten Schule arbeiten inzwischen lieber als Sub auf einer Großbaustelle.
Die Kunden sind nicht ganz unschuldig daran, geiz ist geil und was billig ist, kann ja nicht schlecht sein. Gespanne waren schon immer so teuer wie ein Auto! Nur wie teuer ist denn heute ein Auto? Wenn du bereit bist für ein angefertigtes Dreirad, mit geänderter Radaufhängung und Bremsen 15 - 20 Teuro Prüfgebühren zu berappen, liegst du wahrscheinlich immer noch im Rahmen dessen. Nur die Bereitschaft ist halt gering und die Bereitschaft der Gespannbauer, diese Überzeugungsarbeit zu leisten, eben auch.
Wenn Öttl schließt, ist das ein Fingerzeig in welcher Situation andere Gespannbauer der alten Schule stecken. Willst du dich mit der neuen Welt arrangieren musst du dich wahrscheinlich mit Dingen wie dem Mython anfreunden. Es würde vlt. marktverträglich funktionieren, wenn jeder Gespannbauer sich auf ein Modell konzentrieren würde, aber das Thema hatten wir schon einmal.
Andere logische und erstrebenswerte Zustände gibt es erst, wenn die dämmekratischen Gesetzgeber und wir selbst einsehen, dass der Markt, Wirtschaft und Wachstum, nicht alles ist, was der Mensch braucht. Dann kannz auch wieder Brot beim Bäcker kaufen.
* Ich hatte einmal ein Gespräch bei der Frankfurter IHK als ein Vertreter aus Bonn zu Gast war. Dem brachte ich das Beispiel von der Großwildjagd, von Hege und Pflege. Traditionell wird bestehender Bestand geschont, alte Elefanten und Hirsche nicht geschossen, sondern junge, wenn der Bestand zu groß ist. Denn die alten wissen wie es geht, wie man überlebt und die Herde zusammenhält.
Das sei ein sehr interessantger Aspekt, meinte der aus Bonn, aber genau das sei bei den Wirtschaftsförderprogrammen, den projezierten Entwicklungen nicht vor gesehen.
Vlt. hat Öttl das gemeint. Es wird einem einfach nur alles unnötig schwer gemacht.