Das gefühlte Drehmoment

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Das gefühlte Drehmoment

Beitragvon Thomas Heyl » 13. Juni 2016 20:28

Ok, Managermode an :grin: !

Im Dashcam-Fred waren wir wieder erfolgreich, und das Thema ist von Actioncams und deren Befestigung erfolgreich Richtung der Eitelkeiten der Alteisentreiber (Zweitakt) entführt worden (und dann anscheinend - Applaus - wieder eingeschwenkt!).

Da musste ich dies lesen:
Olaf hat geschrieben:Drehmo ist halt ein Merkmal, das man gerne Motoren nachsagt, die sonst nichts können und es ist meist mehr gefühlt als erlebt.

Das ist nun so eine Sache und reizt natürlich zum Widerspruch. Es ist klar, dass ein winziger und uralter Zweitakter-Einzylinder (62 Jahre) auch bei allen Optimierungen niemals die Drehmomente modernerer Krafträder oder gar der von Achim zitierten "Vierfüssler mit 100 PS" erreichen kann und wird.

Eine gewisse Nachsicht ist auch geboten, wenn die Grundkonstruktion von 1937 und nicht 2007 stammt :grin: .

Mangels Zahlen: Woran mache ich denn die Behauptung fest, dass meine zwei Victoria-Gespanne (das alte und das neue) ein passables Drehmoment haben?

Gefühlt :) , indem ich im zweiten Gang mit Passagier und bei Standgas unter 300 U/min weitertuckern kann. Oder weil die Kiste auch beladen und zu zweit auch längere 9%-Rampen fast ganz im dritten Gang hochkommt. Oder weil ich so eine Kiste schon 'mal mit 465 kg Gesamtgewicht über den Gotthard geschafft habe (mit Passagier im Boot).

Werkseitig sind das 12,6 oder höchstens 14 PS, tatsächlich etwas mehr, und ja, das Gewicht ist auch geringer als normal.

Olaf, nicht böse gemeint, aber das hätte es nicht gebraucht (Du scheinst verwöhnt zu sein):
Wohin? In höhere Drehzahlen?

Oh ja! Offiziell liegt die Höchstleistung bei den 14PS-Motoren bei 5.200 U/min an. Aber selbst der berühmte Carl Hertweck hat mit dem Vorgänger der KR26 am Tauern erkannt, dass da weit mehr drin ist, nämlich über 6.000 U/min - und das auf Dauer und ohne Schäden und (fast) ohne Sauerstoff.

Nun habe ich zum Glück aber auch Empirie, nämlich Kumpel, die genau solche Motore fahren (und ich meine nicht die "breite" Masse, sondern solche mit feingewuchteten Kurbelwellen und Schwungrädern). So ganz toppen kann ich das mit der neuen Kiste noch nicht (arbeite aber daran). Rechnerisch darf die Kiste etwas über 80 km/h schnell sein - angeblich hat Volker mit Passagier sie schon über die 100 km/h getrieben, und die alte Kiste mit solo-Übersetzung war gut für 120 km/h.

Das sind für Euch natürlich ganz andere Welten, aber wie Achim richtig schreibt:
im vergleich zu den japanischen knalltaktern der 70er mit ihrer spitzen leistungscharakteristik fahren die alten victorias (wie auch die alten mz 4gänger) sich wie ein 4takter aus niederen drehzahlen heraus.

Amen.

Cheers, and may be flamewar begin!
Langer
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Re: Das gefühlte Drehmoment

Beitragvon Crazy Cow » 13. Juni 2016 21:44

Thomas Heyl hat geschrieben:Zweitakter mit höchstens etwa 5.000 U/min, aber Drehmoment, bis der Arzt kommt.


In den 1950er Jahren gab es nur einen Zweitaktmotor, auf den diese Beschreibung passt. Der Krupp Titan SW6, auch Kardanwellenkiller genannt. Unter der Not der Besatzungsmächteverfügungen ein 6-Zylinder aus zwei Dreizylindern zusammengesetzt, schon mit Direkteinspritzung und Roots-Gebläseaufladung. Von nix kömmt nix.
Bild
https://de.wikipedia.org/wiki/Krupp_Titan
https://www.youtube.com/watch?v=7FNsyY0CSc8
https://www.youtube.com/watch?v=L8fAuoe8iI4

Im Motorrad, mit Verlaub, hatten die Hersteller mit Recht viel zu viel Schiss vor Defekten, um aus dem Drehzahlkeller heraus zu kriechen, in dem es nun mal nur ein gefühltes Drehmomnet gibt. (Küchens Konstruktionen kannten keine komplette Kühlung, Rollenlagerschäden ohne Ende).
Nur eine Marke hat sich was getraut und legte bereits 1950 den Grundstein für alle Konstruktionen die danach folgten mit Ventilüberschneidung und abgestimmten Auspufflängen. Die Neckarsulmer mit der Max. Kein Zeitakter aus der Zeit ausser vielleicht der Adler reichte an die Leistung der moderneren NSU Motoren heran.
Drehmoment ist nicht das, was man nach dem Einkuppeln oder bei ganz niederen Drehzahlen spürt, das ist Schwungmasse. Drehmoment ist beim Verbrennungsmotor Drehmomnentanstieg, Dynamik und Elastizität. Wenn noch was kommt, sobald man das Gas weiter aufdreht.

Nein, der Arzt kam bei den 50er Jahre Zweitaktern nicht wegen des Drehmomentes...
8)
Gute Fahrt, Gruß
Olaf
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Re: Das gefühlte Drehmoment

Beitragvon Slowly » 14. Juni 2016 07:10

Hallo, Olaf,
schöne Bildbeiträge.
Wenn ich richtig erinnere, hatten wir die TITANs auch in den 50/60-Jahren im THW-Technisches Hilfswerk - für Schwertransporte.
Meinen THW-spezifischen LKW-Schein (mit Nachtfahrten im Wald, kreuz und quer ohne Wege [Gaudi ohne Ende!!!]) habe ich jedoch damals auf kleineren LKWs gemacht.
Gruss,
Hartmut
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