Nattes hat geschrieben:......
Heute registrieren wir die Tausend Tote am Tag nur noch kurz nebenbei und planen dann unseren nächsten Urlaub.
Hallo Nattes,
Du darfst mir glauben, die Anzahl der Toten erschreckt mich seit langem mehr als ein noch so hoher R-Wert oder die Inzidenz. Für jeden Angehörigen ist es tragisch.
Trotzdem erlaube ich mir, einen Urlaub zu planen und kann es auch begründen. Die Floskel „ das macht sie auch nicht mehr lebendig“ werde ich nicht verwenden, sie ist in meinen Augen einfach nur geschmacklos.
Seit fast einem Jahr sind wir mehr oder weniger eingesperrt. Mein Herzblatt ging vorher, je nach momentaner Form, gerne mal mit einkaufen. Gestrichen.
Zwei seiner wöchentlichen Physio-Termine wegen zu großer Ansteckungsgefahr - gestrichen.
Seine ERGO läuft wegen zu hohem Risiko per Video, ist auch nicht das selbe wie in der Praxis.
Spazieren gehen ist bei dem Wetter auch nix. Entweder sind die Wege nicht Rolli-gerecht oder es begegnen uns genügend hirnlose die, trotz ausreichend Platz, im Zentimeterabstand vorbei gehen müssen.
Alles Punkte, die seiner krankheitsbedingten Bewegungseinschränkung nicht gerade zuträglich sind. Selbst die tägliche Gymnastik daheim kann das alles nicht ersetzen.
Wir sehen also fast nur die eigenen vier Wände. Fortfahren ist auch nix, der notwendige Zwischenstopp nicht möglich. Wo will man auch schon hin, hat ja alles zu.
Schon als wir unser Motorrad zum Gespann umbauen ließen wussten wir nicht, wie lange wir das noch geniessen können. Jede Saison kann die letzte sein.
Inzwischen ist seine Erkrankung soweit fortgeschritten und er jederzeit zu solch einem Pflegefall werden kann, dass er nicht mehr in der Lage ist ins Boot zu kommen. Oder noch schlimmer. Es könnte also jede Ausfahrt unsere letzte gemeinsame sein.
Aus all diesen Gründen erlaube ich mir, ein paar entspannte Tage zu planen. In der Hoffnung, dass er das noch mitmachen und auch geniessen kann. Ganz abgesehen davon, ob es wegen Corona überhaupt möglich ist. Zwei Wochen und Fernreise, selbst ins weitere Europäische Ausland sind seit Jahren bereits Utopie.
Jede Stunde auf dem Gespann ist meine persönliche Auszeit und Kraftquelle, auch oder vielleicht weil mein Schatz dabei ist, da er nicht mehr alleine bleiben kann. Und wenn man sich dann ein Wochenende lang „nur“ um ihn kümmern kann, tut das auch mal gut.
So, und jetzt kann man mich verurteilen oder über mich herfallen. Auch wenn es noch lange nicht sicher ist ob wir fahren können bzw. dürfen, wir freuen uns auf Herbstein. Beide!
Lieben Gruß
Lieserl