Mongolei , ein Offroad Abenteuer

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Mongolei , ein Offroad Abenteuer

Beitragvon chaosteam » 19. Dezember 2013 05:17

ira überall wird Liza bestaunt.jpg

Unsere erste Erfahrung an der Grenze – die sind hier viel lockerer drauf. Die Beamten lachen und scherzen bei der Passkontrolle und ich werde gleich darauf aufmerksam gemacht, dass ab September Deutsche kein Visum mehr für die Mongolei brauchen.
Die Landschaft ändert sich wieder recht schnell und wir fühlen uns ein wenig an Wales erinnert mit den grasbewachsenen Bergen und den vielen Schafen. Alles Vieh läuft frei umher und die wenigen Felder mit Kartoffeln oder Kohl sind eingezäunt, damit sie nicht abgefressen werden. Überall weiden Rinderherden (in manchen Gegenden Yaks), man sieht jede Menge Schafe, Pferde und Kamele. Man kann problemlos einfach irgendwo, wo es einem gefällt anhalten und sein Zelt aufschlagen – manchmal bekommt man Besuch von Hirten auf Pferden oder kleinen chinesischen Motorrädern. Die Menschen sind eher schüchtern und unaufdringlich, aber auch hier an uns Fremden sehr interessiert. Was in anderen Ländern bis hierher galt ist auch hier nicht anders: Unsere Liza ist der Eisbrecher, der über alle Kommunikationsprobleme hinweg dafür sorgt, dass wir egal wo wir anhalten sofort von lachenden Menschen umringt sind und wir verdanken ihr viele schöne Erlebnisse.

Mehr ist auf unserem Reiseblog nachzulesen bei:
http://www.holfordsaufweltreise.jimdo.com
Wir fahren zuerst nach Ulaan Baatar, um dort unser Visum für China zu beantragen. Für eine Hauptstadt ist UB zwar nicht besonders groß, aber das Verkehrschaos ist schlimmer, als alles, was wir bisher erlebt haben. Es leben ca. 1,4 Mio. Menschen hier, was für eine Hauptstadt wirklich nicht sehr viel ist und es dürfen an jedem Tag nur Fahrzeuge mit bestimmten Nummerschildern unterwegs sein – trotzdem versinkt diese Stadt im Permastau. An jeder2. Kreuzung steht ein Verkehrspolizist, der die Lage noch verschlimmert. Am Stadtrand werden Viehmärkte abgehalten, Pferde grasen am Wegesrand und selbst mitten im Chaos haben wir Kühe in einem ausgetrockneten Flussbett weiden sehen. Trotz ein paar modernen Hochhäusern, die sich im Zentrum tummeln wohnen die meisten Menschen hier in Ghers oder einstöckigen kleinen Häusern mit quietsch bunten Dächern, die dem Ganzen ein ländliches Flair geben
Bei unserer Internetsuche nach einer Werkstatt sind wir auf eine Herberge gestoßen, die andere Reisende als rettende Hilfe in allen Lebenslagen angepriesen haben: dem Oasis – ein Treffpunkt für Fernreisende aus aller Herren Länder, wo man sich ein traditionelles Gher oder im Hostelstil einfach nur ein Bett mieten kann. Eine Venustravellerfalle, die den Weitgereisten mit funktionierenden Duschen, Sitztoiletten, einem eigenen Restaurant, kostenlosem funktionierenden Wlan, einem Waschsalon und Frisör im Haus sowie mehrsprachigem Personal ( man spricht sogar fließend Deutsch!) anlockt und dann schnappt sie zu. Hier sitzt man nun mit all den interessanten Typen mit denen man Reisegeschichten austauscht, Tipps für die Weiterreise erhält oder gibt , repariert sein Bike während andere helfen oder zuschauen, hockt stundenlang am Computer und bringt endlich mal die Webseite auf den neuesten Stand, während man sich ab und an ein Bier aus dem Kühlschrank holt…… Gar mancher wollte ein zwei Nächte bleiben und war erstaunt, als plötzlich ein ganzer Monat um war.
Wir wollen hier aber erst mal nur unser Chinavisum beantragen, eine bessere Feder für den Gaszug und neue Radlager fürs Hinterrad organisieren. Die Straßen und Pisten von der Ukraine durch Kasachstan und Russland haben unserem Mädel recht zugesetzt. Auf dem Schwarzen Markt, einem riesigen Basar, wo man wirklich wenn man sucht so ziemlich alles finden kann haben wir Glück – in eine Abfalltonne finden wir eine passende Feder, die wir nur noch auf die richtige Länge bringen und etwas zurechtbiegen müssen und nach weiterem geduldigem Suchen auch passende Lager. Am nächsten Morgen wird alles eingebaut und schon sind wir bereit für eine Woche in den Bergen, wo wir ein altes Kloster besichtigen wollen.
Der größte Teil der Strecke ist sogar geteert, was hier eine Seltenheit ist denn in den meisten Fällen sind die geteerten Straßen mit ellenlangen Baustellen durchsetzt, die per Sandpiste umfahren werden müssen. Diese Pisten teilen sich dann immer wieder fächerartig auf, gehen aber alle irgendwie in die gleiche Richtung und so versucht man die zu finden, wo die wenigsten Schlaglöcher, Wellblechrinnen und/oder zu weicher Sand in dem wir uns eingraben können sind. 60 km vor Erdenet zweigt also eine solche Piste ab – sie führt zu dem Kloster, das wir besuchen wollen Wir müssen unterwegs einen Bach und einen Fluss durchqueren wobei uns das Wasser bis an den Motorblock steigt, es zischt und qualmt, aber wir kommen durch und zahllose steile Hügel erklimmen. Der Beiwagen gerät ab und an in recht bedenkliche Schieflagen und wir sind extrem froh, dass die Pisten trocken sind. Da es an Schildern komplett mangelt fragen wir uns hin und wieder, ob wir hier richtig sind (vielleicht hätte man ja doch eine der anderen Pisten nehmen sollen?) und es wird schon fast dunkel, als in einem Talkessel vor uns der Klosterkomplex auftaucht.
Wir campen an einem malerischen Fluss in der Nähe eines Gerdorfes, beobachten die Hirten (10 jährige Kinder mit ihren kleineren Geschwistern, die auf den Pferden sitzen, als seien sie mit ihnen verwachsen), die Ziegen, Schafe und auch Pferde durch den Fluss treiben und werden von einem Mongolen zu Tee und Schafsuppe eingeladen – beides schmeckt wieder Erwarten köstlich.
Am nächsten Tag besuchen wir das Kloster und weil es angefangen hat zu nieseln, drehen wir die Gebetsräder, spenden 500 Turik ( 25 Cent) und brennen ein Räucherstäbchen für eine heile Rückfahrt, drehen schnellstmöglich unsere Besichtigungsrunde, was eine Schande ist, weil der Komplex wirklich sehenswert ist, aber wir haben so eine Ahnung, dass die Rückfahrt bei Regen kein Sonntagsausflug wird.
Obwohl wir versucht haben, Buddha milde zu stimmen wird aus dem Niesel bald Dauerregen und in Windeseile wird aus dem Sand eine rutschige Schlammpiste, die außerdem über steile Hügel führt – es ist nur der tatkräftigen Hilfe vieler Mongolen zu verdanken, dass wir überhaupt durchkommen. Immer wieder gräbt sich das schwere Gespann ein, ich versuche zu schieben, finde aber keinen Halt denn der Matsch ist wie Schmierseife. Während ich aus Leibeskräften drücke flutschen unter mir die Füße weg und schon liege ich mal auf dem Bauch, mal auf dem Rücken immer im dicksten Schlamm. Am Ende sehe ich aus wie ein Lehmmännchen und man könnte mich problemlos in einen Tonsoldaten brennen. Viele Mongolen sind mit Allrad unterwegs oder auf den kleinen wendigen Shineray Chinesenbikes, aber Einige haben trotzdem das gleiche Problem wie wir und so halten auch alle zusammen. Jeder, der einen Abschnitt geschafft hat wartet auf den Anderen und hilft schieben wenn es nötig wird. Wir brauchen 5 Stunden für 35 km, aber wir schaffen es, was zum größten Teil der tatkräftigen Hilfe der Männer und Frauen zu verdanken ist, die sich hier zu einer Art Schicksalsgemeinschaft zusammengetan haben. Trotz der Umstände wird viel gelacht, was auch mich davor bewahrt, in Trübsinn zu versinken oder einfach aufzugeben. Als wir endlich wieder festen Teer unter den Rädern haben mit ich micht sehr bremsen, im nicht aus dem Beiwagen zu klettern und den Asphalt zu küssen. Es sind diese Erlebnisse, die das Salz in der Suppe des Reisenden sind – was hätte man auch sonst zu erzählen?
Nach einer Woche in den Bergen mit viel Natur freuen wir uns aufs Oasis und eine Dusche. Wir holen unser Chinavisum ab – alles läuft wie am Schnürchen. Wir treffen Tom und Abby – zwei Australier, die ebenfalls als nächstes in Richtung Karakorum und weißer See wollen und weil wir uns so gut verstehen, beschließen wir, gemeinsam zu fahren.
Tom hat für eine Woche eines der kleinen chinesischen Motorräder gemietet, weil seine Triumph Boneville das Terrain nicht schaffen wird und wir ziehen los. Die Beiden haben unseren Humor und die gleichen Interessen – und so verbringen wir eine gemeinsame Woche in einer unglaublich schönen Landschaft und genießen die Freiheit, sich überall niederlassen zu können, wir kochen gemeinsam und helfen uns auch gegenseitig immer wieder aus der Patsche – so haben wir zum Beispiel eine abgebrochene Bremshalterung im Beiwagen zu flicken und fahren uns auch schon mal in einem Flussbett fest, Tom muss Radlager am Chinesenbike wechseln. Wir machen Bilder voneinander und so gibt es denn auch mal welche, auf denen wir Beide sind. Karakorum finde ich ein wenig überbewertet und der Tempel kann sich nicht mit dem messen, den wir vorher besucht haben, aber die Landschaft ist unglaublich besonders von Tsertserleg bis zum Weißen See. Ein Fluss, der eine Schlucht in Lavafelsen gegraben hat bietet dramatische Ausblicke, immer wieder nehmen uns wilde Berglandschaften gefangen und man könnte direkt in schwülstiges Schwärmen verfallen. Einmal halten wir, um Bilder von Steinadlern zu machen, die gemeinsam mit Bussarden ein Festmahl an Schlachtresten halten – es müssen so an die 20 (in Worten Zwanzig!!) Adler auf einem Haufen sein. Unglaublich – ich denke an die vielen Male, wo ich einen der riesigen Vögel aus der Ferne am Himmel kreisen sah und ich mir vor Freude fast in die Hosen gemacht habe (das sind die Bilder, wo man einen braunen Punkt am Himmel sieht und ich ganz aufgeregt erkläre, dass der kleine Punk ganz ehrlich ein Steinadler war) – meine Vorstellung vom einsamen König der Lüfte hat etwas Not gelitten ob der Tatsache, dass diese Vögel sich hier wie gewöhnliche Aasfresser mit dem Fußvolk mischen anstatt majestätisch und einsam auf einer Thermik in die Höhe zu schrauben.
Wir kommen relativ langsam voran denn wir müssen immer wieder für Fotos anhalten und werden dann auch meist schnell von Leuten umringt, die uns und unsere Motorräder bestaunen, wobei auch Tom und Abby nicht zu kurz kommen, denn es erscheint den Einheimischen wohl bewundernswert, das auch Touristen auf ihrem Pferdersatz unterwegs sind. Außerdem ist die Straße zu großen Teilen nur Sandpiste und hier kommen wir nicht ganz so schnell voran, denn der Beiwagen zieht ganz schön auf losem Untergrund und es ist schwieriger eine gute Linie für unser zweispuriges Gefährt zu finden. Immer wieder haut es mich fast aus dem Seitenwagen, wenn Kevin durch ein Loch brettert. Abby ergeht es auf dem Rücksitz von Toms Motorrad nicht besser und ich sehe sie immer wieder abheben – wir sind wohl alle besonders verrückt, dass wir diese Art zu reisen so sehr lieben oder halt einfach Masochisten.
Nach einer Woche sind wir mal wieder im Oasis und dort treffen wir dann auf Johan- der Erste aus der Truppe mit der wir China durchqueren werden und wir beschließen gemeinsam an die Grenze zu fahren. Auf dem Weg wollen wir noch einen Abstecher zur Khan Statue zu machen und eine Nacht in einem Naturreservat übernachten. An der Statue treffen wir auf Anna und James – noch 2 vom Chinatripp und auch sie schließen sich an.
Das Naturreservat ist eine neue Seite der mongolischen Natur und wir sind wieder schwer beeindruckt.
Die nächsten 2 Tage fahren wir durch die Gobi – sehr flach, viel Nichts und ebenfalls von einer schlichten Schönheit. Auch hier sind wir gefangen von der Natur. Das Fahren ist manchmal schwierig im weichen Sand, der nach Wüstenmanier noch mehr von uns abverlangt, als alle die Sand- und Staubpisten vorher.
Die Mongolei hat uns in allen Teilen gefallen aber 3 ein halb Wochen sind definitiv für den zweitgrößten Binnenstaat der Welt zu wenig. Das ganze Land hat weniger Einwohner als es Autos in Beijing gibt und ist damit das am dünnsten besiedelte Land der Welt, wobei 40 % der Einwohner in der Hauptstadt leben. Deshalb gibt es auch so wenig geteerte Straßen – die Nomaden mit ihrem Vieh sind darauf eingestellt – leider sind die Menschen jedoch nicht an Plastikmüll gewöhnt und werfen alles einfach aus dem Fenster (manchmal muss man beim Überholen schon aufpassen, nicht eine leere Coladose oder Schlimmeres an den Kopf zu bekommen) bzw. lassen ihren Müll liegen. Einmal beobachtete mich ein Mongole dabei, wie ich eine Tüte mit Müll im Beiwagen verstaute und bedeutete mir mit Gesten, dass ich sie doch auch wegwerfen könnte – meine entrüstete Ablehnung konnte er gar nicht verstehen.
Es bleibt zu hoffen, das sich dies ändert aber die Menschen haben einfach zu viel Platz und die Müllentsorgung ist auch noch in den Kinderschuhen – ich könnte mir allerdings vorstellen, das wachsender Tourismus hier evtl. eine Art erzieherische Brechstange ansetzen könnte. Dies ist eigentlich der einzige Negativaspekt, der mir zu diesem Wundervollen Land einfällt – wenn man allerdings Komfort mag, Vegetarier ist (und evtl. auch noch eine Abneigung gegen Möhren und Kohl hat) wird man sich hier nicht wohl fühlen.
Für Camper, Naturliebhaber und Offroadfreaks ist die Mongolei der Himmel auf Erden. Man muss auch nicht unbedingt den ganzen Weg hierher fahren – wir trafen im Oasis 2 Deutsche, die sich im Land für 600,- € ein neues Chinesenmotorrad gekauft haben, 4 Wochen damit über Stock und Stein gefahren sind und die Motorräder dann für 300,- € wieder verkauft haben.
Wir werden jedenfalls bestimmt irgendwann zurück kommen.
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Re: Mongolei , ein Offroad Abenteuer

Beitragvon Cali » 19. Dezember 2013 08:35

Hallo - wunderschöne Reise - sehr schöner Schreibstil - ich bin ganz begeistert - bitte mehr Bilder !

Schönen Gruß / Bernd
BESSER SPÄT ALS NIE !

Cali 1100i/EML-GT2000/Bj. 95 - leider nicht mehr !
Royal Enfield Bullet EFI, Bj. 2015
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Re: Mongolei , ein Offroad Abenteuer

Beitragvon chaosteam » 19. Dezember 2013 09:59

Hallo Bernd,
danke vielmals für das Lob, das tut gut.
In unserem Reiseblog unter Bildergalerie, Mongolei gibt es sehr viele Bilder.
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Liebe Grüße (zur Zeit aus Kambodscha)

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Re: Mongolei , ein Offroad Abenteuer

Beitragvon Stephan » 19. Dezember 2013 10:26

:smt023


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Re: Mongolei , ein Offroad Abenteuer

Beitragvon motorang » 19. Dezember 2013 11:07

Ich bedanke mich auch!

Gryße!
Andreas, der motorang
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