Hi Stefan!
Ich bin ganz sicher kein erfahrener Gespannbauer, ich habe mich jedoch ausgiebig mit dem Thema befasst und schon sehr viele Gespanne gesehen - von super bis Vollmurks.
Bei Deinen zwei letzten Beiträgen vergleichst Du meiner Meinung Äpfel und Birnen, oder fast.
Zunächst einmal ist Dein Seitenwagenrahmen sehr kurz und besteht genau wie bei einem Fliegengewicht-Duna nur aus einem Rechteck - ist allerdings viel breiter. Zweitens sind die Anlenkungen ganz anders. PS spielen keine Rolle, Du kannst auch mit 6 PS erheblichen Schaden anrichten.
Im Idealfall würde die hintere Diagonalstrebe am Motorrad direkt unter Deinem Hintern sitzen und genau gerade bis zur Aufnahme der Seitenwagen-Radlagerung gehen. Das mag bei Renngespannen noch tun, in der Praxis klappt das meist nicht.
Deine Strebe stützt sich etwa in der Mitte des inneren Rahmenrohrs am Beiwagen ab, also da, wo erstens die stärkste Durchbiegung und zweitens die größte Diagonal-Verwindung zu erwarten ist. Statt des statisch idealen Dreiecks hast Du da also ein Polygon mit sehr viel "Leerraum".
Die vordere Strebe liegt geschätzt 30 bis höchstens 40 cm davor. Der Einwand, dass das "flattern" wird, ist sehr berechtigt.
Lassen wir 'mal Schellen und Hilfsrahmen für den Moment außen vor. Aus der Schule kennste vielleicht noch die Hebelgesetze. Bei der aktuell viel zu tiefen Anbringung der Anschlusspunkte der Diagonalstreben an der Zugmaschine hast Du da enorme Kräfte am Werk. So rein vom ersten Foto schätze ich da bei der hinteren Strebe auf 5:1, das heißt, in einer Linkskurve drückt ganz grob Dein vierfaches Körpergewicht + Motorrad oberhalb dieses Punkts (und schon fast der ganze Motor liegt darüber!) auf diese Strebe. Das berücksichtigt noch nicht 'mal Fahrdynamik, Fliehkräfte und derlei - denn da kommst Du ganz schnell auf noch weit mehr. Und Gott geb's, dass der Bootsrahmen dann genug Flexibilität beweist, sonst kann das aber ganz böse enden.
Zur vorderen Strebe: Sorry, aber Winkel, Anbringungspunkt in Mitte des Rahmens und einseitige Schelle sind ein no-go. Das sollte ein Prüfer nicht einmal bei einem 12 PS-Gespann hinnehmen, wenn er seinen Job liebt und seine Prüflinge vor Schaden bewahren will. Das wurde hier ja auch schon breitgetreten. "Meinen" Jungs bei den Kesseldruckprüfern darfst Du mit sowas nichtmal kommen, wenn auch ein Dreipunkt-Anschluss noch legal wäre. Und Du willst ja sicher auch noch ein Weilchen leben
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Hast Du diesen Winkel selbst geschweißt? Gegen gute Eigenbau-Lösungen hat der TÜV oft nichts, es kann Dir jedoch passieren, dass für Schweißungen nach einem Zertifikat gefragt wird, vor allem, wenn eine Konstruktion so offenkundig Eigenbau ist.
Nochmal aus der Praxis mit "Mücken". Mir ist meine vordere Streben-Verschraubung 'mal abgerissen. Da konnte ich schon in der Tempo 30-Zone selbst bestaunen, wie das alles dann arbeitet - +/- 2 cm waren da durchaus drin!
Wie ebenfalls richtig gesagt, ist es nicht interessant, was Du mit dem Gespann vorhast. Stell' Dir vor, dass ein furchtloser und erfahrener Gespanntreiber das Ding mit hast-Du-was-kannst-Du um die Ecken treibt, und das mit Passagier und am Limit der Physik - und dann hast Du immer noch nicht das, was an Stabilität angestrebt werden sollte.
Das klingt alles super-besserwesserisch, ist jedoch nicht böse gemeint. Wenn Volker unser federleichtes Gespann mit meiner Tochter im Boot treibt, ist zwar schon alles mögliche gebrochen oder abvibriert, am Fahrwerk war jedoch nie 'was, und das muss so sein.
Noch'n Tipp: Mach' beim TÜV erst die Pferde scheu, wenn Du eine bessere Lösung im Angebot hast - sonst machst Du die Buben nur misstrauisch.
Cheers, Langer