Bastlwastl hat geschrieben:
@ all
ein helm muss probiert werden !
Ja schon, aber du bekommst selbst im Laden nicht den, den du probiert hast, sondern einen aus dem Regal mit gleicher Auszeichnung, es sei denn, es ist ein sehr kleiner Laden.
@Klimax: das versteht nicht jeder, aber es gibt (unternehmerisch) einen Punkt, ab dem kein weiteres Geld in ein Projekt investiert wird, die Gesamtkosten wären zu hoch für den zu erwartenden Nutzen.
Zurück zum Thema:Die Empfehlung, alle zwei Jahre einen neuen Helm zu kaufen kommt zum Beispiel aus der Fahrschule und wird auch gern von ADAC und Einzelhandel vorgetragen.
Man kann aber, gerade in Anbetracht der brutalen Preisentwicklung, etwas genauer unterscheiden. Shoei und Schuberth sind zum Beispiel Marken, die klassisch Helme aus GfK fertigen. Dieser Werkstoff bekommt in der Luftfahrt einen Reisepass für 30 Jahre. Natürlich betrifft das nur die Helmschale und die ist bei weitem nicht so dick wie eine Cesna Flugzeugwand. Ersatz von Einzelteilen kann durchaus daran festgemacht werden, wie oft das Teil heruntergefallen ist. Nach einem Sturz ist eh Ersatz angesagt. Beachte: Dekorfolienlieferanten weisen darauf hin, die Folien nicht für das Bekleben von Helmen zu verwenden. Lösemittelaustausch ist möglich.
Die moderne Fertigungstechnik lässt aber z.B. auch die Kombination zweier Kunststoffe in einem Spritzgang zu und Fahrzeug- und Helmindustrie waren fleißig in der Zulassung von entsprechenden Werkstoffen. Polycarbonat ist zum Beispiel schon lange im Fahrzeug-/Straßenverkehrsbereich zugelassen, das ist aber ein Werkstoff, bei dem unter der Schlangenlinie eine DOT steht. Ist sie älter als zwei Jahre, sollte der Prüfer bei der HU das Ding auf Schäden oder Sichtmängel untersuchen. Der Umstand, dass das nicht gemacht wird, schon gar nicht beim Helm, heißt aber nicht, dass alles in Ordnung ist. Polycarbonat ist vor allem interessant geworden, seitdem man die Herstellungstechnik dem Helm nicht mehr ansieht. Keine Naht, kein Anguss aber zahlreiche Farbdekore.
Noch interessanter ist der Zwang zum Alleinstellungsmerkmal im Marketing. Es werden Phantasienamen für den verwendeten Kunststoff ausgegeben, was nicht heißt, dass es sich dabei nicht um PC handelt, als Konsument kann man sich aber kein Bild machen. Aber eine Riechprobe kann man nehmen.
Wir alle kennen die Kritik an chinesischem Kinderspielzeug, welches stinkt und mit Schadstoffen belastet ist. Dieses Negativmerkmal entsteht gar nicht einmal durch böse Absicht oder schlechte Materialauswahl. Wird ein K-Granulat zu heiß verarbeitet, werden Schadstoffe frei, auch PCB. Das passiert, wenn die Einspritzzeiten verkürzt, Schusszahlen und damit der Output erhöht werden. Eine typische Sünde, wenn der Abnehmer nur einen zu geringen Preis zulässt. Man kann also sagen, wenn du einen Helm nicht riechen magst, kannst du ihn auch nicht kaufen.
Aber auch wenn so ein Ding der Nase nicht auffällt, gibt es Dinge die beklagenswert sind, meist aber erst nach einem Jahr. Die Kunstlederlage am Übergang der Schale zum Futter ist zu dünn, zu hart oder zu billig. Sie versprödet, büßt Dehnfähigkeit ein und reißt. (Bei der Anprobe: heimliche Fingernagelprobe). So geschehen beim "Nexo" Helm meiner Frau. Ich muss zugeben, ich hatte auch mal einen Nexo Zweit-Klapphelm (das ist die Polo Hausmarke), den ich nach nicht einmal zwei Jahren einfach weggeworfen habe. Zu der ständigen Ausgasung des Sonnenvisiers, weißer Belag auf beiden Seiten gesellten sich Risse im Kunstleder und mechanische Schwächen. Wer billig kauft kauft zweimal. Schaut oder fragt also nach den verwendeten Kunststoffen. Gibt es keine Antwort, weiterziehen.
Insgesamt ist Spritzguss für den Hersteller die günstigere Produktionstechnik. Zum Vergleich: Vor dreißig Jahren waren große Dachboxen für Kfz sehr teuer. In den 1990ern wurden aber speziell in den NL Maschinen installiert die 2m am Stück spritzen konnten, das hat den Markt verändert. Aber nicht nur die Schale verdient bei der Kaufentscheidung, ob neu oder lieber reparieren, unsere Aufmerksamkeit. Insbesondere das Sturzpolster im Inneren hat leider die Eigenschaft, dass es keinerlei Rückstellvermögen in die Ursprungsform hat. Mit den Jahren verdichtet es sich durch Aufsetzen, Kopfbewegung usw. Der Helm wird "zu groß". Dieser Schaumwerkstoff ist leider meist im Außenbereich (am Kopf) weniger verdichtet, so dass dieses "zu groß werden" , schon nach wenigen Wochen auftritt. Ein neuer Halm sollte also zu klein gekauft werden. Tatsächlich fehlt aber meist das Urteilsvermögen, wieviel "zu klein" bei der Anprobe bedeutet und wieviel Verdichtung in der Zeit zwischen 4 Wochen und vier Jahren dazu kommt.
Unter dem Strich werden also
alle wichtigen Bestandteile eines Helmes mit dem Alter schlechter. Den Grad kann man aber nicht an einer Marke festmachen. Es ist wie mit den Schuhen: hast du mehrere Paare, wählst für jeden Einsatz die richtigen aus und pflegst sie gut, halten sie ewig. Speziell ältere Herrschaften haben viele und gut gepflegte Schuhe.
Aber es gibt eben auch die Schuhe, die man besonders mag und immer wieder anzieht, obwohl sie schon nicht mehr gut füe die Füße sind.
Die Lehre daraus wäre, einen Einstiegshelm rechtzeitig zu ersetzen, bevor er kaputt ist. Un den nächsten eben nach angemessener Zeit, so dass mit reifer Gespannfahrroutine auch genügend Helme für alle Lebenslagen da sind, auch für einen Zaungast oder einen Jumbo Run.