24. Dezember 2021 14:56
"...früher war mehr Lametta!"
Wir haben schon einige Jahre keinen Baum mehr. Der ist vielleicht auch im Wald besser aufgehoben. Aber ich erinnere mich an die Zeit, als Vatter den Baum hin stellte, der gusseiserne Fuß war ursprünglich mal grün gewesen, hatte aber aufgrund mangelnder Pflege über die Jahre einen Großteil seiner Farbe eingebüßt.
Wir Kinder legten Weihnachtspapier darüber und es sollten ja eh mannigfach Geschenke herum drapiert werden, die meist in Schuhkartons in Weihnachtspapier daherkamen.
Nachdem nun also die Tanne stand, gingen wir Kinder zum Schlafzimmerschrank meiner Eltern, oben drauf stand ein Versandkarton mit der Aufschrift "Wäsche kauft man bei Witt".
Ich erinnere mich nicht, ob er uns einmal heruntergefallen ist, wahrscheinlich nicht, aber wir bekamen ihn nur so halbschepp herunter. Darin waren Christbaumkugeln aus feinstem böhmischen Glas, die aber über die Jahre gegen metallic-rote Kunststoffkugeln aus Wirtschaftswunderzeit ersetzt werden mussten. Zuerst wurde die Spitze ausgepackt, eigentlich ein kunsthandwerkliches Meisterwerk, was wir Kinder aber nicht zu schätzen wussten, da uns das auch niemand nahe gebracht hatte.
Die Kugeln, geschachtelt aufbewahrt, einzeln mit Drahtschlaufen dran, mussten mit einem rotem Band an den Zweigen befestigt werden. Dann die Wunderkerzen, die erstaunlicherweise nie alle wurden, oben einen Haken dran gebogen und dann das Lametta.
Das lag auch, damit es keinen Schaden nimmt, ganz unten im Witt Karton, sauber nebeneinander gelegt, dann brauchte es nicht gebügelt zu werden. Denn tatsächlich war es natürlich vom Vorjahr oder gar von 1952 und immer wieder ordentlich in den Karton gepackt worden.
Wenn ich daran denke, fällt mir ein, dass unsere Oma zu der Zeit immer noch das Stanniolpapier aus den Schokoladentafeln aufhob und sorgsam zusammen legte. Ich habe mir zu der Zeit nie Gedanken darüber gemacht, was sie damit macht oder wer das wohl abholt, aber sie hatten es mal so gelernt durch zwei Kriege hindurch verbunden mit dem Spruch: "Brot wegwerfen ist Sünde".
Die Weihnachtsgans gab es erst am ersten Feiertag, am Heiligabend stattdessen der Einfachheit halber eine riesigen Topf voll Kartoffelsalat und in einer Ecke der Kochplatte des Kohleküchenherdes mit Backofen und Wasserschiff stand so eine Art Einkochtopf mit etwa. 5 Litern Wasser, in dem Würstel herum schwammen. Es müssen so 20 -30 Stück gewesen sein, die genaue Menge kannte wohl keiner und so gab es auch keine Kritik, wenn einer mit so einem Landjäger auf der Faust vor der Zeit erwischt wurde.
Im fahlen Nachmittagslicht, wenn der Witt Karton wieder weggeräumt war, wurde der (erste von mehreren selbstgebackenen) Christstollen angeschnitten. Er hat uns Kinder nie so angemacht, dass wir ihn stehenden Fußes verputzt hätten, aber aus der Erinnerung würde ich sagen, er schmeckte unvergleichlich gut gemessen an dem, was es heute so zu kaufen gibt, und er reichte natürlich bis in den Januar.
Ja, früher war mehr Lametta, das war Anfang der 1960er Jahre und heute halten wir besinnlich Rückschau. Ich jetzt. Immer noch besser als Fernseh.