weihnachtliche Eskapaden -
oder wenn´s dem Esel zu gut geht
erwogen hatte ich meinen Besuch auf dem "Rodskopf" schon lang, wollte ihn aber vom Eintreffen meiner Tochter zum Fest abhängig machen. Sie war zwar spät, aber rechtzeitg eingelaufen, so bekam ich von meinen Damen die Empfehlung doch ruhig zu fahren, wir hatten uns sogar abends zuvor über die festtägliche Speisenabfolge einigen können.
Einem entspannten Jahresausklang im Nebel stand nun sogar eine gewisse Vorfreude auf die anschliessenden Gaumenfreuden in kleinem Kreis am heimischen Herd zur Seite.
Ich brach "früh" auf, jedenfalls schlief meine Tochter noch und meine Frau half mir in den Thermoboy, denn wenn man den erst mal an hat muss es schnell gehen.
Untenrum genügt bei jedem Wetter eine von Heins langen "Bikerunterhosen", obenrum zwei Pullover über dem Hemd, es hatte bei den kalten Herbstausritten immer etwas auf der Brust gezogen. Für den Helm hatte ich dieses Jahr sogar ein Pumpgun von Polo mit sehr wirkungsvoller Antibeschlagpampe. Über das Dreirad machte ich mir wie üblich keine Gedanken. Ich hatte zum Herbst neben einer neuen Batterie sogar ein paar treffliche Heizgriffe billigster Ausführung montiert, von deren Funktion ich sehr an getan war. Eigentlich konnte nichts schief gehen, es war ja nicht mal weiter zu fahren als sonst.
Ungewöhnlich war nur, wie lang ich den Choke auf der Strasse an lassen musste. Nach zwei Kilometern meldete sich bereits die rechte Hand. Sie neigt zum Auskühlen, wenn sie nicht bewegt wird. Irgend so eine Erscheinung aus dem letzten Krieg. Ich begann mit Fingerübungen und beschloss an einer geräumigen Tankstelle auf halben Wege zu halten.
Während alle anderen Ecken des Körpers Wohlbefinden vermeldeten, begannen die Finger der rechten Hand schmerzhaft zu verkrampfen. Man kann sich einiges vornehmen und auch einreden, jedenfalls wurden die letzten Kilometer zur Tanke unerträglich lang. Ich hielt weit ab von den Zapfsäulen und trabte schnell ins weihnachtliche Innere des Verkaufsraumes, hatte aber Schwierigkeiten beim Absetzen des Helmes und öffnen des Thermoboys. Ach ja, eine Zeitung hatte ich mir auch noch auf die Brust gelegt. Von da an habe ich keine konkrete Erinnerung mehr, jedenfalls nicht was Chronologie oder Dauer der Veranstaltung betrifft.
Irgendwie ging ich gleich wieder raus, da mir die Luft im inneren der Tanke nicht sympathisch erschien. Draussen war eine nette junge Dame, die den Leuten beim Tanken und Putzen der Fenster zu helfen hatte. Ich fragte sie, ob ich blass aussähe, was eigentlich immer der Fall ist. "Ich hole ihnen besser einen Stuhl" sagte sie mit besorgter Mine. Sie kam gerade rechtzeitig zurück.
Ich weiss nicht wann, oder warum plötzlich zwei Leute da waren, die mir hoch halfen und anordneten mich auf den Boden drinnen zu legen, aber ich erinnere mich, dass mir diese Massnahme sehr wohltuend erschien. Die junge Dame hatte mir zuvor noch einen Becher warmes Wasser gereicht, ein Genuss. Ich begann Gefallen an den einfachen Dingen zu finden. Eine freudlicher namenlos helfender Herr verabschiedete sich, ich hatte kaum Gelegenheit ihm zu danken, obwohl ich seit Beginn der Situation unablässig vor mich hin plapperte, um einigermassen Rückkopplung über meine Verfassung zu haben. Ich war nicht zufrieden mit dem, was ich hörte, mehr so ein Lallen.
An die Stelle des Helfers traten zwei weitere mit einem Instrumentenkoffer. Sehr interessant. "Malteser" stand auf ihren Anzügen. Ich habe sehr viel Wasser verloren, meinten sie, ich fragte mich, bei welcher Gelegenheit wohl. Jedenfalls waren sie in der Lage, meinen Blutzuckergehalt zu bestimmen und ein EKG zu machen. Vielleicht war es nicht beängstigend, aber auch nicht zufriedenstellend, so dass sie eine Einladung ins nächste Krankenhaus aussprachen. Ich war nicht begeistert. So verweilten sie noch einen Augenblick und als der Lügendetektor wieder einigermassen manierliche Werte aufschrieb, liessen sie von mir ab und ich versprach mich von meiner Frau ab holen und das Motorrad stehen zu lassen.
Auch wollte ich endlich hoch, mir war kalt auf den Fliesen. Sie waren extra meinetwegen gekommen, was mir sehr unangenehm war. Allen weihnachtlich Diensttuenden sei auch hier noch einmal gedankt.
Mein Handy war im Kofferraum meines Seitenwagens, so dass ich die ganze Zeit nicht dazu kam, meine Frau an zu rufen. Ich fragte mich, was sie wohl in einem solchen Moment denkt. Das war nun schon das dritte Mal in zwei Jahren, und nur einmal war ein Motorrad Schuld.
Ich konnte das Mopped an der Tanke einstellen, wir fuhren aber noch zu einem Freund im Nachbarort, den ich lange nicht gesehen hatte und der mir aber auch räumenderweise einen Platz fürs Dreiradl frei zu machen begonnen hatte.
So hatte der Vormittag dann doch noch so etwas kommunikatives, wie wir es in unserer Jugend zwischen den Jahren gepflegt hatten.
Sehr schön.
Interessant bei solch einem Thermokombi ist, dass man über Stunden nichts vom äusseren oder inneren Klima bemerkt. Ich war klatschnass, deshalb war mir ja kalt am Boden gewesen.
Nach anfänglichem Frohsinn zuhause, ich war immerhin 4 Stunden "unterwegs" gewesen, stellte sich dann doch erkältungsmässig all das ein, was man als Folge dessen bezeichnen kann. Jedenfalls ist aufgrund nötiger Bettruhen mein Schlafhaushalt etwas durcheinander geraten.
Aber auch das ist ja nicht neu, nur die Ursachen dafür.