Vielleicht Hilft es ja einigen bei der Frage.
"Muß man Schutzkleidung tragen ?"
"NEIN" !
Aber :
Motorradfahren ohne Stiefel könnte dir zerschundene oder gequetschte
Füsse bescheren, oder könnte sogar im Extremfall zu einer Amputation
führen. Es könnte sein, du kannst nie mehr gehen kannst ohne zu hinken.
Du könntest für den Rest deines Lebens mit Gewichts- und Fitnesspro-
blemen zu kämpfen haben. Aber es wird dich wahrscheinlich nicht um-
bringen.
Motorradfahren ohne Handschuhe und dann kommt es zum Sturz - es
könnte dir eine zerschundene oder beschädigte Hand kosten oder
schwere, quälende Schmerzen bescheren, wenn ein Körperteil,
der reich an Nervenenden ist, zerfleischt wird. Oder du könntest einen
Finger verlieren oder zwei. Oder es könnte dich die Fähigkeit kosten, mit
deinem Sohn Ball zu spielen, die sanfte Rundung der Brust einer Frau
richtig zu fühlen, oder ein Bier zu halten. Aber es wird dich wahrscheinlich
nicht umbringen.
Motorradfahren ohne wenigstens eine armierte Jacke und Lederhose oder
eine Lederkombi, einen Aerostich oder einfach eine Lederjacke anzuha-
ben. Nur mit Jeans und dann zu stürzen, könnte dich ernsthafte Abschürf-
ungen von der Strasse kosten.
Kann sein, dass du dir eine Brustwarze wegschleifst. Kann sein, dass
Strassensplitt irgendwo im Ellbogen eingeschlossen zurückbleibt. Kann
sein, dass dein ganzer Rücken aufgeschunden ist. Kann sein, dass du dir
die Kniescheibe wegradierst oder dass du - wie einer meiner Freunde -
auf Deiner Wade eine Narbe hast, die an die Form von Australien erinnert.
Du könntest Dein Leben lang Narben tragen und Dich nicht mehr am
Strand mit bloßem Oberkörper zeigen wollen, ohne Dich unsicher zu fühlen.
Es könnte Dir so gehen wie dem Typen, den Kevin Spacey in "Das
Glücksprinzip (Originaltitel: Pay It Forward)" spielt, und Du müsstest Dich
jedesmal überwinden in diesem unguten Augenblick, wenn Du Deine
Kleidung vor einer neue Freundin oder einem neuen Freund ausziehst.
Aber es wird Dich wahrscheinlich nicht umbringen.
Motorradfahren ohne einen Rückenprotektor und dann Stürzen, wird in so
gut wie allen Fällen ohne Konsequenzen bleiben. Allerdings gibt es da draußen
so viel Unwägbares - Randsteine, Stoßfänger, Säulen, Leitschienen, alles
mögliche Zeugs auf der Strasse. Jedes einzelne davon kann diesen gänzlich
unwahrscheinlichen Zufallstreffer darstellen, der Dir die Wirbelsäule in gerade
der falschen Weise trifft und Dich für den Rest Deines Lebens in den Rollstuhl
befördert.
Oder vielleicht hast Du nur diesen andauernden Ischias-Schmerz in
einem Bein. Oder Du kannst Deine Beine nicht bewegen. Oder Du
brauchst Windeln, wenn Du @#%$en musst, und/oder musst den Beutel
vom künstlichen
Darmausgang aus der Hose ziehen, um Deine Exkremente in der Toilette
zu entleeren, wie ein Typ, den ich kenne.
Oder Du kannst Dich unterhalb des Brustkastens nicht bewegen. Oder vom
Hals abwärts.
Bist Du gut beim Arbeiten mit Joysticks mit dem Mund ?
Oder vielleicht brauchst Du ein Atemgerät ?
Oder Hilfe rund um die Uhr ?
Keine Frage, es gibt ihn, den Aufprall, bei dem es sonnenklar ist, dass Du
permanente Verletzungen davontragen wirst, auch wenn Du den besten
Rückenprotektor der Welt verwendest. Aber gleichermaßen gibt es Crashs
mit darauf folgendem Aufprall, bei denen auch nur mittelmäßige Rücken-
protektoren den kleinen Unterschied ausmachen - den, mit dem Du aufstehst.
Zwar tut Dir jedes einzelne Bein weh, aber Du *gehst*.
Möchtest Du wirklich, dass es Dein letztes Mal auf Deinen zwei Beinen war,
nachdem Du aus dem Laden mit einer Packung Zigaretten gekommen und
dann auf Dein Motorrad gestiegen bist ? Diese 5 kostbaren Schritte von
Ausgang hinüber zum Bike.
Jene 5 Schritte, die Du Dein Leben lang nicht vergessen wirst, weil Du
beim nächsten Mal, nicht mehr auf dem Bike gesessen bist, sondern Du
auf die Bahre geschnallt warst und an die Decke des Ambulanzwagens
gestarrt hast.
Tränen rinnen über Dein Gesicht, weil Du nichts mehr spüren kannst, und Du
bist nahe daran, Dich zu übergeben wegen des Gestanks Deiner @#%$ weil
Du Deine Eingeweide nicht unter Kontrolle hast.
Motorradfahren ohne einen Rückenprotektor und zu stürzen kann
überhaupt keine Konsequenzen haben, oder es kann alle Konsequenzen
dieser Welt haben.
Es mag sein, es bringt Dich nicht um, aber es könnte Dich wünschen lassen,
es hätte Dich umgebracht.
Und schließlich - Sturzhelme. Motorradfahren ohne Helm und dann Stürzen
mag keinerlei Konsequenzen haben.
Mag sein, Du berührst den festen Boden mit Deiner Birne nie.
Oder Du gibst Dir ein Facelift mit Hilfe des Asphalts. Du bekommst vielleicht
nur eine Gehirnerschütterung und hast den ganzen nächsten Tag Schädelweh.
Kann aber auch sein, dass Du eine ernsthafte Gehirnerschütterung
davon
trägst, die Dich in die Klinik bringt, wo Du endlos durch
Computertomografie
und Magnetresonanz gehst und dann für den Rest Deiner Tage mit Migräne
geplagt bist.
Deine Augenhöhle kann gebrochen sein und Du verlierst Deine Sehkraft.
Du kannst einen Schädelbruch davontragen, dabei voll funktionsfähig bleiben,
aber eine schreckliche Narbe wie Frankenstein und eine Metallplatte behalten,
die Dir einerseits an kalten Tagen stark zusetzt, andererseits jedesmal die
Metalldetektoren auf den Flughäfen anschlagen lässt.
Du kannst eine innere Verletzung im Schädel haben, von der Du Stunden oder
Tage oder Wochen oder Monate lang nicht aufwachen wirst - während immer
Deine Mutter, Dein Vater, Deine Schwester, Dein Bruder, Deine Kinder,
Arbeitskollegen, und / oder Bikerfreunde Dich besuchen kommen. Sie
machen aus einem beklemmenden Spitalsraum einen seltsamen Dschungel
aus Blumen, die Du vielleicht nie riechen kannst und gutgemeinten "Gute
Besserung"-Karten, die Du vielleicht nie wirst sehen können.
Klar, es kann auch sein, dass Du wieder ganz normal aufwachst, wenn man
von dem Loch absieht, das in Deine Schädeldecke gebohrt werden
musste, damit der Druck abgelassen werden kann.
Oder, Du könntest so eigenartig benommen aufwachen, ohne richtig zu
wissen, wer all diese Leute rundum sind.
Oder Du könntest aufwachen und müsstest alles, was Du in Deinem Leben
bisher gelernt hast, neuerlich lernen. Möglicherweise mit dem Erfolg, wieder
ganz normal oder vielleicht sogar besser - wie Harrison Ford in "In Sachen
Henry (Originaltitel: Regarding Henry)" - zu werden.
Oder Du könntest als Mann-Kind erwachen, sabbernd und lachend wenn
Du Bausteine aufeinanderschlichtest. In Sweatpants und mit einem T-Shirt,
das von Deiner Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Kinder, Arbeitskollegen,
Bikerfreunden unterschrieben wurde, was Du aber nie wirst lesen können.
Oder Du könntest eine offene Schädelverletzung, von der Du Dich nie
wieder erholen wirst. Der Rest Deines Lebens - sei es ein Tag, eine Woche,
ein Monat, ein Jahr - wird aus künstlicher Ernährung, der endlosen Geräusch-
kulisse des Herztätigkeitsmonitors und des Atemgerätes, dem Tropf-Tropf
der intravenös verabreichten Flüssigkeiten, dem Katheter im (hm, so genau
wolln wir's gar nicht wissen) und den Ernährungsschläuchen bestehen.
Natürlich wirst Du das alles nicht so mitkriegen, denn Du wirst in einem
Traumland sein, das niemand so richtig kennt.
Dein Körper wird dahinvegetieren und verkümmern. Irgendwann wird die Hülle,
die Du einmal gewesen bist, aufgeben und Deine Liebsten werden die
beschissenste Entscheidung ihres Lebens treffen müssen. Oder aber, Du
stirbst auf der Strasse, Deine Gehirnmasse ist gemischt mit Blut und Rücken-
marksflüssigkeit.
Vielleicht ist es Deine letzte Fahrt - mit 30 km/h vor Deinem Haus, wenn ein
ungeduldiger junger Verkehrsteilnehmer eine Stopptafel ignoriert.
Oder es passiert auf der Autobahn, wo ein Schlagloch Felge und Reifen
demoliert und
Du in der Leitschiene landest. Oder Du zelebrierst einen Wheelie bei 160
km/h, der ungeplant endet. Egal wie es passiert, es wird kaum mehr als
einen Bericht von 10 Sekunden Dauer geben, je nachdem, wo Du lebst.
Möglicherweise einen kleinen Absatz auf Seite 32B des lokalen Blättchens.
Motorradfahren ohne Helm kann keinerlei Auswirkung haben - oder es
kann den Unterschied bedeuten zwischen weiterzumachen wie bisher oder
das Leben genommen zu bekommen, so als ob der Lebensschalter auf AUS
geklickt wurde.
Ich kann leben ohne Zehen oder mit einem zerstümmelten Fuss - aber
ich entscheide mich, das zu verhindern zu versuchen.
Ich kann leben mit einer Hand, die aussieht wie die eines Brandverletzten
und möglicherweise auch mit der linken Hand wieder schreiben lernen -
aber ich entscheide mich, das zu verhindern zu versuchen.
Ich kann mit einer Narbe auf meiner Wade leben, die die Gestalt von
Australien hat - aber ich versuche, es zu verhindern.
Ich kann leben mit Strassenabschürfungen auf
meinem Körper und meinen Armen - aber ich versuche, das zu verhindern.
Ich könnte wohl auch im Rollstuhl leben und mich durch jeden Tag quälen -
aber ich entscheide mich, das zu verhindern zu versuchen.
Als Mann-Kind könnte ich nicht leben. Mit Bausteinen habe ich bereits
ausreichend gespielt. Sabbern tue ich nur im Schlaf.
Wir alle treffen unsere Entscheidungen. Schutzkleidung kann Dich nicht
immer retten.
Alles, auch das beste Leder, Denim, Cordura, Kevlar, Fiberglass und Plastik
hilft nichts wenn das Schicksal Dir das unbewegliche Objekt oder die un-
widerstehliche Kraft in den Weg stellt.
Aber: Ich versuche, die Karten zu meinen Gunsten zu mischen.
Sollte alles nutzlos gewesen sein, und die Karten in meinem Ärmel un-
genügend gewesen sein gegen den Royal Flush des Schicksals: so sei es.
Aber ich habe es wenigstens versucht
